Beschreibung
Conrad Ferdinand Meyers erstes Prosastück, seine 1872 niedergeschriebene erste Novelle, erzählt die dramatische Geschichte der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen dem protestantischen Ich-Erzähler Hans Schadau und dem Katholiken Wilhelm Boccard, die in der Bartholomäusnacht 1572, dem Massaker an den protestantischen Hugenotten in Paris, mit dem Tod des Letzteren endet.
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Autorenportrait
Conrad Ferdinand Meyer, 11. 10. 1825 Zürich - 28. 11. 1898 Kilchberg bei Zürich. M. stammte aus einer reformierten Patrizierfamilie. Nach dem Tod des Vaters (1840) führte der tiefgreifende Kon?ikt mit der puritanischen Mutter, die für M.s geistige und künstlerische Interessen kein Verständnis hatte, zu einer langwierigen Lebenskrise (Unterbrechung des Gymnasiumsbesuchs wegen Depressionen, Abbruch des ihm aufgedrängten Jurastudiums, Aufenthalt in der Nervenheilanstalt Préfargier bei Neuenburg). Die Zeit in der Heilanstalt festigte M.s Selbstvertrauen; 1854 kehrte er nach Zürich zurück. Der Lausanner Historiker Louis Vulliemin, bei dem M. bereits 1843/44 in Lausanne historische und literarische Studien betrieben hatte, regte ihn zum Geschichtsstudium und zu Übersetzungsarbeiten an. Nach dem Selbstmord der Mutter (1856) sorgte eine Erbschaft für ?nanzielle Unabhängigkeit. Gemeinsam mit seiner Schwester Betsy (1831-1912), mit der ihn zeitlebens ein enges Verhältnis verband, reiste er 1857-58 nach München, Paris und Italien (Rom, Florenz, Siena) und begeisterte sich für die Kunst und Kultur der Antike und der Renaissance. Mit ersten literarischen Erfolgen und der Heirat mit der aus der Züricher Oberschicht stammenden Of?zierstochter Luise Ziegler (1875) festigte sich die gesellschaftliche Stellung M.s, der sich schließlich 1877 in Kilchberg niederließ. 1880 ehrte ihn die Züricher Universität mit dem Dr. h. c. Nach zunehmenden Depressionen führten Anzeichen geistiger Umnachtung zu einem Aufenthalt in der Anstalt Königsfelden (1892-93); bis zu seinem Tod lebte er dann in Kilchberg. Den ersten Erfolg hatte M. mit dem Versepos Huttens letzte Tage, das mit den Bezügen des humanistischen, protestantisch-patriotischen Heldenlebens zur Reichsgründung auch für die Überwindung seiner kulturellen und politischen Sympathien für Frankreich steht. Als Lyriker suchte er sich in einer späten Schaffensperiode von den traditionellen Formen der Erlebnislyrik zu lösen. Er strebte nach einer Objektivierung subjektiver Erfahrung: zum einen durch die Hinwendung zur Ballade oder balladenähnlichen lyrisch-epischen Gebilden, die zugleich seinem Interesse für Geschichte entsprachen; zum andern durch symbolische Verbildlichung und Verdinglichung in einer gänzlich objectiven, fast sculpturalen Behandlung des Gegenstands. In seinem erzählerischen Schaffen dominiert die Novelle mit einer Vorliebe für historische Stoffe und große Gestalten, meist erzählt von einem zeitgenössischen, nur am Rande beteiligten Beobachter (Rahmenerzählung), der für Distanz und eine durch Undurchschaubarkeit und Zweideutigkeit geprägte 'Objektivität' sorgt. Mit der ausgesprochenen Kunstanstrengung seiner Novellistik und der an der italienischen Renaissance orientierten Menschenauffassung betonte M. die Distanz zur bürgerlichen Enge der Gegenwart bzw. den Abstand von Kunst und Leben überhaupt. Auch wenn die Stoffe vielfach großen weltgeschichtlichen Epochen und ihren Kon?ikten entnommen sind, beruht ihre Wirkung weniger auf den historischen (aber durchaus aktualisierend auf die Gegenwart bezogenen) Kon?ikten als auf der psychologischen Durchdringung der Personen. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.