Beschreibung
Hermeneutik und Religion sind eng verwandt. War es doch die Religion, die die Hermeneutik ins Dasein rief. Das war weder eine unnütze noch eine uneigennützige Erfindung, da die Religion der Hermeneutik zu ihrer Selbstaufklärung bedarf. Sie benötigt sie ganz besonders in Zeiten der Vielfalt und Konflikte der Religionen, nicht nur um sich selbst zu verstehen, sondern auch, um die anderen und das ihr Fremde zu verstehen und ihr Verstehen, Nichtverstehen und Mißverstehen des Fremden wie des Eigenen kritisch zu bestimmen. Die Autoren der hier gesammelten Beiträge untersuchen, ob Gleiches auch umgekehrt gilt, die Hermeneutik also auch auf die Beschäftigung mit Religion angewiesen ist. Die Ausdifferenzierung der Hermeneutik seit dem 18. Jahrhundert in theologische, philosophische, literarische, juristische oder historische Hermeneutik sowie die Enttheologisierung der Hermeneutik im 20. Jahrhundert scheinen dagegen zu sprechen. Doch diese Vervielfältigung und Verselbständigung der Hermeneutik im Zeichen ihrer Universalisierung könnte auch selbstvergessen sein. Zumindest ist zu prüfen, ob eine Hermeneutik ohne Religion nicht ähnlich leer werden kann, wie eine Religion ohne Hermeneutik blind.
Autorenportrait
Geboren 1948; 1977 Promotion; 1982 Habilitation; Professor Emeritus für Systematische Theologie, Symbolik und Religionsphilosophie an der Universität Zürich; Danforth Professor Emeritus für Religionsphilosophie an der Claremont Graduate University in Kalifornien.