Beschreibung
Am 30. Mai 1939 wurde er beerdigt - der bankrotte Schriftsteller, der sieben Jahre zuvor zu den bestbezahlten Journalisten Deutschlands gehört hatte: Joseph Roth. Viele waren gekommen. Aber nur eine wurde von Weinkrämpfen geschüttelt: Andrea Manga Bell, verheiratet mit dem designierten König des Duala-Volkes in Kamerun, Mutter zweier Kinder, Redakteurin. Sie war Roths große Liebe, sein erotisches Ideal, Struktur seines Daseins, geistige Inspiration und unbezahlte Sekretärin. Die Schönheit aus gebildetem bürgerlichen Hause zog mit dem bald hoch verschuldeten Roth, den sie zugleich hässlich und unwiderstehlich fand, von Hotel zu Hotel. Konnte sie den Heimatlosen davor bewahren, seine Ängste und Zweifel in Alkohol zu ertränken? War sie, die nirgendwo- und überallhin gehörte, ihm eine Heimat? Die Geschichte dieser Liebe begann 1929 in einer Villa bei Berlin, als Joseph Roth sich in die gescheite Frau im quittengelben Badeanzug vernarrte und sie sich in ihn, den blauäugigen Schicksalserfinder mit den absurd schmalen Offiziershosen, den Juden aus einer Kleinstadt am äußersten Rand des österreichisch-ungarischen Reichs. Er war zärtlich und krankhaft eifersüchtig, wahrhaftig und verlogen, vergötterte und verleumdete sie. Und konnte ohne sie nicht leben. Diese Geschichte wurde noch nie erzählt.
Autorenportrait
Lea Singer, 1960 in München geboren, studierte Kunstgeschichte, Gesang, Musik- und Literaturwissenschaft. Mit ihren Romanen über historische Persönlichkeiten ist die promovierte Kunsthistorikerin ebenso erfolgreich wie mit ihren Sachbüchern, die sie als Eva Gesine Baur schreibt. Sie lebt in München und wurde mit dem Hannelore-Greve-Literaturpreis, dem Schwabinger Kunstpreis und dem Bodensee-Literaturpreis ausgezeichnet.
Leseprobe
'A., das hatte Joseph in seine Notizbücher oder Tagesnotizen geschrieben, wenn er sie meinte. In seinen Briefen war sie Frau Manga Bell, selbst wenn die Briefe an Freunde gerichtet waren, die sie gut kannten. Seine Ehefrau, die vor mehr als zehn Jahren für immer aus seinem Leben verschwunden war, und die kurze Liebe, eher eine Affäre, direkt danach, wurden immer bei ihren Vornamen genannt, Friedl und Sybil, nur sie nicht, dabei war er mit keiner Frau länger und enger zusammen gewesen, von der Mutter abgesehen.'