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Der Liebeszauber des Monsieur Ladoucette

Roman

Erschienen am 07.04.2008
7,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442466856
Sprache: Deutsch
Umfang: 377 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 18.8 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Der Friseur Guillaume Ladoucette aus dem 33-Seelen-Dorf Amour-sur-Belle bekommt Konkurrenz aus Paris. Seine Kunden laufen ihm davon – oder bekommen altersbedingt eine Glatze, und er muss sich einen anderen Beruf suchen. Obwohl er sich in Liebesdingen ziemlich ungeschickt anstellt, beschließt er, eine Heiratsvermittlung aufzumachen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten ist diese von Erfolg gekrönt. Doch gelingt es ihm auch, das Herz seiner Jugendliebe Émilie zu gewinnen, die nach langen Jahren in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist?

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Leseprobe

1 Guillaume Ladoucette wischte sich seine zierlichen Finger am Hosenbein ab, bevor er sie in das Glas steckte. Als er sie um das kalte, glitschige Fett legte, spürte er das Gelenk darunter, und ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er nahm das marinierte Hühnerbein heraus und gab es in das Cassoulet, das seine Mutter vor einunddreißig Jahren zubereitet hatte und das seither nicht mehr vom Herd heruntergekommen war. Das geisterhaft bleiche Geflügelteil schwamm eine Weile zwischen dem Treibgut von grünen Bohnen und Wurststücken umher, dann drückte er es sacht mit einem Holzlöffel nach unten. Er war nun, da sich der Geist seiner Mutter verirrt hatte, der Hüter des Cassoulet. So rührte der Friseur langsam und respektvoll darin herum und beobachtete, wie zwischen Oregano- und Thymiandünsten ein Gänseknochen auftauchte. Das Fleisch hatte sich längst abgelöst, denn seine Mutter hatte die Keule dem Gericht schon vor neunzehn Jahren hinzugefügt, zur Feier des Tages, als ihr Sohn in der Stadt einen Friseurladen eröffnet hatte. Anfangs hatte es der mütterliche Stolz verboten, den Knochen zu entfernen. Als dann Jahre später ihr Mann starb und die Trauer sie um den Verstand brachte, redete Madame Ladoucette sich ein, dass der Geschäftserfolg ihres Sohnes - der einzige Trost in diesen traurigen Zeiten - die Existenz des Allmächtigen bewies. Aus dieser Überzeugung heraus entwickelte sie die irritierende Angewohnheit, bei Tisch plötzlich aufzuspringen und zu irgendeinem nichts ahnenden Essensgast zu eilen, dem man den grauen Knochen versehentlich serviert hatte. Mit spitzen Fingern und den Worten 'nicht so schnell' pickte sie den Knochen rasch vom Teller, bevor sich der Gast mit dem, was eine Reliquie für sie geworden war, davonmachen konnte. Zwischen den Bohnen erschienen eine Zwiebel vom März 1999, ein paar Karotten von letzter Woche, eine Knoblauchzehe, die Guillaume Ladoucette nicht zuordnen konnte, und ein kleiner grüner Knopf, dessen Besitzer bislang keine Ansprüche angemeldet hatte. Mit der Sorgfalt eines Archäologen kratzte der Friseur mit dem Löffel über den Boden und die Seitenwände des Topfes und löste ein wenig von der schwarzen Kruste ab. Zusammen mit einem mittlerweile versteinerten Stück Toulouser Wurst machte sie, davon war der Friseur überzeugt, das Geheimnis des unübertrefflichen Geschmacks dieses Gerichts aus. Manche gaben der antiken Wurst allerdings die Schuld daran, dass der Apotheker Patrice Baudin, der nie auch nur Anzeichen von Wahnsinn gezeigt hatte, zum Vegetarier geworden war. Von diesem Skandal hatte sich das Dorf nie ganz erholt. Das Cassoulet fortzukochen war mehr als nur die Pflicht des einzigen Sohns, es war eine Frage der Familienehre. Der Cassoulet-Krieg war eine langwierige und grausame Angelegenheit, und ein Waffenstillstand war immer noch nicht in Sicht. Alle Glücklichen, die den geschichtsträchtigen Beginn des Spektakels persönlich miterleben durften, waren sich einig, dass der erste Kanonenschuss von Madame Ladoucette abgefeuert worden war. Damals hatte sie Madame Moreau auf dem Markt erblickt und gesehen, dass sie Tomaten kaufte. Beiläufig hatte sie die Frau gefragt, was sie denn damit vorhabe. Auf Madame Moreaus Antwort hin war Madame Ladoucette entsetzt zwei Schritte zurückgesprungen, was bei dem Markthändler, auf dessen Füßen sie gelandet war, keinen guten Eindruck hinterlassen hatte. 'Aber Tomaten haben in einem Cassoulet nichts zu suchen!', schrie Madame Ladoucette. 'Doch, natürlich. Ich nehme immer Tomaten', antwortete Madame Moreau. 'Jetzt werden Sie mir gleich erklären, dass Sie auch Lammfleisch hineingeben.' 'Machen Sie sich nicht lächerlich. Ich bin doch nicht verrückt!', gab Madame Moreau scharf zurück. 'Lächerlich? Madame, ich bin es doch nicht, die Tomaten ins Cassoulet tut. Das sind doch Sie. Was sagt nur Ihr Mann dazu?' 'Er würde es nicht anders wollen', lautete die knappe Auskunft. Wenige Augenblicke später durften mehrere Umstehende miterleben, wie Madame Ladoucette auf Leseprobe

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