Beschreibung
Üppig, farbenprächtig und sinnlich Lüneburg 1656: Die 17-jährige Susanne Büttner, Tochter eines Salzfassmachers, führt seit dem Tod ihrer Mutter den Haushalt. Ihr Leben ist hart und eintönig, doch dann verliebt sie sich in den Schmiedegesellen Jan, der einen abenteuerlichen Ruf hat. Als ein Verbrechen geschieht und Jan und Susanne in die Aufklärung verwickelt werden, kommen sie sich schnell näher. Gleichzeitig macht der reiche Patriziersohn Lenhardt Susanne den Hof. Und sie muss sich entscheiden, ob sie Lenhardt heiraten oder mit Jan den Aufbruch in eine ungewisse Zukunft wagen soll.
Autorenportrait
Martha Sophie Marcus, geboren 1972 im Landkreis Schaumburg, studierte Germanistik, Soziologie und Pädagogik und verbrachte anschließend zwei Jahre in Cambridge. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Lüneburg. Mit "Herrin wider Willen", ihrem ersten Roman, feierte sie ein grandioses Debüt. Seitdem sind weitere historische Romane von ihr bei Goldmann erschienen.
Leseprobe
Die Tote im Fluss Hexenkind! Totes M?hen, Wiederg?er!? Die Gasseng?ren konnten es wieder einmal nicht lassen. Susanne B?ttner b?ckte sich, hob eine vertrocknete R?be aus dem Stra?ndreck auf und warf sie nach den aufkreischenden Kindern. ?Wartet, ich helf euch, Lumpengesindel!? Die meisten von ihnen liefen lachend davon, aber die drei gr??en Jungen gingen r?ckw?s und machten r?de Gesten. Susanne schl?pfte aus ihren Holzpantinen, lie?ihr B?ndel auf den Boden fallen und raffte den Rock, um loszulaufen. Das gen?gte, um auch die letzten Plagegeister in die Flucht zu schlagen. Sie konnte ihre Schuhe wieder anziehen. Ihre gro? Schwester stand wie immer mit gl?henden Wangen und gesenktem Kopf da. Regine wehrte sich nie selbst, obwohl der Spott ihr galt. Susanne streckte die Hand nach ihr aus. ?Komm weiter, Gine. Die kommen nicht zur?ck.? Seit sieben Jahren trieben die Kinder es so. Man h?e meinen sollen, der Reiz h?e im Laufe der Zeit nachgelassen, doch so, wie immer neue Kinder heranwuchsen, wuchs auch die Spottlust nach. Susanne war jederzeit auf einen kleinen Kampf gefasst, wenn sie mit Regine ausging. Dabei waren sie beide inzwischen erwachsen, und zu handgreiflichen Auseinandersetzungen war es schon seit langer Zeit nicht mehr gekommen. Sie gingen an der Ratsapotheke vorbei bis zum Haus des Scherenschleifers. Susanne hatte eine Schere, ein Messer und eine Abziehklinge f?r Fassgauben im B?ndel. Der Scherenschleifer hatte Zeit, die Arbeit sofort zu tun. Susanne h?e gern gewartet, um zuzusehen, wie er das Werkzeug sch?te. Regine jedoch zog es zum Wasser, wie es sie immer zum Wasser zog, als h?e diese Anziehung nicht schon genug Schaden angerichtet. Susanne seufzte und gab nach. ?Wir kommen sp?r wieder?, sagte sie dem Scherenschleifer. ?Meine Schwester m?chte den Fluss sehen.? Der Handwerker nickte. ?Merkw?rdig ist das schon. Man sollte meinen ?Ja, ja, sollte man. Aber so ist es eben nicht.? Susanne l?elte ihm entschuldigend zu und beeilte sich, Regine einzuholen, die schon zum Ufer der Ilmenau unterwegs war, auf ihre schwebende, deshalb aber nicht weniger zielstrebige Art. Sie wanderten durch das Rote Tor aus der Stadt hinaus und auf dem Pfad am Flusslauf entlang bis zu den Bleichwiesen. F?r Ende Mai war es noch k?hl, aber besonders hier roch die feuchte Erde so angenehm nach Sommer, dass man ganz verga? wie die Ilmenau in dieser Jahreszeit stinken konnte. Susanne ?berlegte, ob sie allm?ich umkehren sollten, als sie h?rten, dass am Wasser etwas Ungew?hnliches vor sich ging. Regine stieg die B?schung hinunter, und Susanne folgte ihr gewissenhaft. Unten hatten sich Menschen versammelt, die aufgeregt miteinander redeten, einige standen bis zu den Knien im Wasser auf der kleinen Sandbank, wo sonst Frauen die W?he aussp?lten. Einen B?ttel erkannte Susanne, ein paar Kinder und W?herinnen. Noch verdeckten sie Susanne und Regine die Sicht auf den Grund ihrer Aufregung, aber verstehen konnte man sie schon. ?Sie hat einen Stein um den Hals, der Herrgott sei ihr gn?g.? ?Ja, der Herrgott sei's, der Pastor wird es nicht sein.? ?Wer ist es denn?? ?Eine aus den Schiffergassen.? Susanne blieb stehen, als sie begriff. Unweigerlich wurde ihr Blick vom flie?nden Wasser angezogen. Wei?trieb ein Laken im Fluss, das eine W?herin vor Schreck hatte fallen lassen. Es bewegte sich in der Str?mung, als w? es etwas Lebendiges. So hatte sich der Unterrock ihrer Schwester bewegt, als sie leblos im Wasser des Hafens trieb. Wei? wei?wie die offen flatternden B?er der Haube, die Regine jetzt trug, als sie die Tote betrachtete, die auf der Sandbank lag. Susanne beobachtete ihre Schwester ?stlich. Mit gro?n Augen sah Regine hinunter, staunend wie die Unschuld selbst, dann blickte sie wieder aufs Wasser. Wei?gl?te das spiegelnde Sonnenlicht auf den kleinen Wellen des Flusses und lenkte ihren Blick von der Leiche ab, die sie im selben Moment zu vergessen schien. Sie l?elte vertr?t. Woran dachte ihre Schwester