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Gestatten: Elite

Auf den Spuren der Mächtigen von morgen

Erschienen am 06.04.2009, 1. Auflage 2009
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453601123
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 18.7 x 10.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

"Friedrichs kritisiert, ohne polemisch zu werden. Das Ganze formuliert sie so geschickt, spannend und mit Selbstironie, dass aus ihrer Geschichte eine Reise ins Wunderland wird." Manager Magazin "Ein Schmöker für Menschen, die weniger als siebzig Stunden in der Woche arbeiten und deswegen von Workaholics als 'Minderleister' beschimpft werden. - Klug und pointiert formuliert." Der Spiegel "Eines der wichtigsten Sachbücher dieser Saison." Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Autorenportrait

Julia Friedrichs, geboren 1979, arbeitet als freie Autorin von Fernsehreportagen und Magazinbeiträgen, unter anderem für die WDR-Redaktionen "die story", "Echtzeit" und "Aktuelle Dokumentation". Für ihren Film "Abgehängt. Leben in der Unterschicht", den sie zusammen mit Eva Müller drehte, wurde sie 2007 mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten und dem Ludwig-Erhard-Förderpreis ausgezeichnet. 2008 erschien ihr erstes Buch "Gestatten: Elite. Auf den Spuren der Mächtigen von morgen".

Leseprobe

Die Elite trat in einem griechischen Luxushotel in mein Leben. Sie hieß Mario und war knapp dreißig, also nur wenig älter als ich. Außer demselben Geburtsjahrzehnt hatten wir nicht viel gemeinsam. Mario kannte solche Abende. Er trank, redete, lachte - gleichzeitig. Ohne innezuhalten. Er war makellos, ohne Selbstzweifel, siegessicher. Ich saß in einem Karo-Rock, der ständig verrutschte, neben ihm. An den Füßen Stiefel, die ich mir geliehen hatte. Während unseres Gesprächs drehte ich eine Haarsträhne um den Zeigefinger. Wie immer, wenn ich nervös bin. Im Gegensatz zu ihm gehörte ich nicht hierher. Nicht in diese Fünf-Sterne-Idylle. Unterhalb unseres Tisches brannten Fackeln, junge Menschen saßen am Hotelpool, dahinter leuchtete der angestrahlte Poseidon-Tempel. Direkt darunter lag das Meer. Dieser Ort war einer der schönsten, die ich seit Langem gesehen hatte, und dennoch fühlte ich mich unwohl wie selten. Ich war in Griechenland, weil ich mich bei McKinsey, der weltgrößten Unternehmensberatung, beworben hatte. McKinsey gehört zu den Mächtigen der neuen Wirtschaftswelt. Die Firma hatte im Dezember 2006 vierzehntausend Mitarbeiter weltweit, machte 600 Millionen Euro Umsatz allein in Deutschland. McKinsey baut Unternehmen um. Behörden. Staaten. Zehntausend junge Deutsche wollen jedes Jahr dazugehören und schicken ihre Bewerbung. Ein bis zwei Prozent davon bekommen einen Job. Das McKinsey-Auswahlverfahren gilt als das härteste der Welt. Und an diesem Auswahlverfahren nahm auch ich teil. Nicht weil ich bei McKinsey anfangen wollte, sondern zur Recherche. Ich arbeitete als freie Journalistin und war kurz davor, mein Studium zu beenden. Ich war fünfundzwanzig, also genau in dem Alter, das für McKinsey interessant ist. Die Berater der Firma sind nicht nur mächtig, sondern auch diskret. Sie wickeln ihre Aufträge im Stillen ab, selbst wenn es darum geht, Arbeitsämter, Krankenhäuser und Universitäten umzubauen. Auf kritische Fragen antworten sie ungern. Deshalb wollte ich mir das Unternehmen von innen ansehen. Ich wollte wissen, wer diese Menschen sind, wie sie ausgewählt werden. Deshalb hatte ich mich beworben. Ich hatte nie gedacht, dass ich genommen würde. Und dann saß ich in diesem Hochglanzhotel am Meer. McKinsey hatte mich und hundertzwanzig andere Studenten aus Europa zu einer Segeltour eingeladen. Das Ganze war ein Edel-Assessment-Center. Unsere große Chance zum Einstieg in die Welt der Berater, sagten die meisten. McKinsey zeigte uns in Griechenland das schöne Leben. Jeder wohnte in einem eigenen Bungalow mit Blick aufs Meer. Wir segelten zu siebt auf kleinen Jachten in der Ägais. Wir feierten eine rauschende Party. McKinsey buchte einen DJ aus Athen und Barmänner, die mit Cocktailshakern jonglierten. Vier Tage lang lief vor unseren Augen ein Werbefilm für das schöne und coole Leben der Berater ab. Außerdem wurde uns in diesen vier Tagen in kleinen Dosen die McKinsey-Philosophie verabreicht. Uns wurde gesagt, wir seien brillant. Wir seien die Besten. Die, die das Potenzial hätten, Europas neue Führungsgeneration zu werden. Wer es schaffe, zu ihnen zu gehören, sagte McKinsey, sei ein Gewinner. Elite. Mario war einer von vierzig Beratern, die mit uns im Hotel wohnten. Immer wieder setzten sie sich zu uns, um uns von der Welt der Mächtigen und Erfolgreichen zu berichten, die auf uns wartete. Mario war kein Date. McKinsey bezahlte ihn dafür, dass er mit mir Wein trank, dass er mir Heldengeschichten erzählte, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte. Er erklärte mir das Leben der Elite. Er habe gerade eine große europäische Fluglinie saniert, sagte er. Kosten reduziert, Leute entlassen. Die hätten sich ganz schön gesperrt. Aber er hätte alle Widerstände gebrochen. Jetzt sei der Laden wieder fit. Und wieder trank er, lachte und gestikulierte. Er war so beschäftigt mit sich selbst, dass er erst sehr spät merkte, dass ich seine Geschichte nicht mochte. Dann verstand er und schaute mich an, als hätte er erkannt, dass ihm kein "High Leseprobe

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