Beschreibung
Geschichte hautnah erleben Wer dieses Buch in die Finger bekommt, erlebt die Geschichte von der Französischen Revolution bis zum Fall der Berliner Mauer einmal ganz anders: nicht als Ansammlung trockener Fakten, sondern als bewegte Erzählung fiktiver Augenzeugen. Spannend berichten sie von den Folgen der Industrialisierung und Bismarcks Politik, von der Zeit, als in Europa mit dem Ersten Weltkrieg die Lichter ausgingen und das Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft lange Schatten warf. Aber auch Albert Einsteins Relativitätstheorie wird ebenso wenig ausgespart wie das "Wunder von Bern", die Fußballweltmeisterschaft von 1954. Die exakt recherchierten Stoffe nehmen den Leser mit auf eine aufregende Reise durch die Zeit der Moderne und lassen die dunklen und strahlenden Momente der europäischen Geschichte lebendig werden. Spannende und unterhaltsame Einblicke in die Geschichte der Moderne So wird Geschichte lebendig Orientiert sich an den Lehrplänen für den Geschichtsunterricht
Leseprobe
Über diese Flucht entstanden Legenden, Bücher wurden geschrieben, Filme gedreht. Friedrich Schiller war voll Zuversicht, als er von Stuttgart nach Mannheim floh. Durch ein Schreibverbot seines Herzogs Carl Eugen aufs Äußerste gebracht, hoffte er, in Mannheim eine neue Existenz begründen zu können. So verließ er mit seinem Freund Andreas Streicher am 22. September 1782 bei Nacht und Nebel die württembergische Residenz. Die beiden nützten den Trubel eines Festes zu Ehren des russischen Großfürsten Paul. Die Raketen eines Feuerwerks stiegen hoch über dem Schloss Solitude, als würden sie zu Schillers Ehren abgeschossen, der unten im Tal vorbeifuhr. In Mannheim war am 13. Januar Schillers Schauspiel "Die Räuber" uraufgeführt worden. Schiller war heimlich zur Uraufführung in die Theaterstadt gereist und vom Herzog dafür mit Schreibverbot bestraft worden. Die Wirkung des Stückes, die menschliche Psyche im Mittelpunkt, emotionsgeladen und aufklärerisch bis zum Skandal, war ungeheuer gewesen. Verschiedene Andeutungen des Freiherrn von Dalberg, Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, hatten in Schiller die Hoffnung erweckt, er könne in Mannheim mit der Stellung eines Theaterdichters sein künftiges materielles Auskommen sichern und sich eine geistige Heimat erwerben. Mannheim galt in dieser Zeit als herausragendes Kulturzentrum in Deutschland - auch Mozart hatte, wenige Jahre zuvor, versucht, dort Fuß zu fassen. Aber Herr von Dalberg weilte - Ironie des Schicksals - zur Zeit der Ankunft Schillers bei den Festlichkeiten in Stuttgart. Schiller hatte ein neues Stück im Gepäck, "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua", das er nun den Schauspielern des Nationaltheaters vorlas, den besten Schauspielern Deutschlands. Die Wirkung war niederschmetternd. Die Gründe für Schillers Misserfolg in Mannheim, der ihn an den Rand einer Katastrophe brachte, sollen in der folgenden Geschichte dargestellt werden. Der Erzähler, Kammerdiener des Herrn von Dalberg, ist erfunden. Friedrich Schiller wurde am 10. November 1759 in Marbach am Neckar geboren und ist am 9. Mai 1805 in Weimar gestorben. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker. Seine Stücke wie Die Räuber, Don Carlos, Maria Stuart, Wallenstein und Wilhelm Tell und andere gehören zur Weltliteratur und werden auch heute vielfach aufgeführt. Bekannt sind auch seine Balladen, z. B. Der Taucher, Die Glocke, Die Kraniche des Ibykus oder Der Handschuh. Die erstrebte Stellung als Theaterdichter in Mannheim erhielt Schiller ein Jahr später. Sie war nicht von Dauer. Meine Begegnung mit Schiller? Seinerzeit in Mannheim? Ich will meine Erlebnisse von damals genau schildern. Der Mann war eine einzige Enttäuschung. Herr Schiller war bei Herrn Meyer, Regisseur und Schauspieler, für den Nachmittag angesagt. Ich hatte für meinen Herrn, Freiherrn von Dalberg, dem Intendanten des Nationaltheaters, dabei zu sein und ihm zu berichten. Er war nach Stuttgart verreist. Ein Wort zuvor zu meiner Person, wenn das auch ungebührlich ist für einen Kammerdiener. Man wird jedoch sehen, dass es der Sache dient. Ich bin Theaterenthusiast und versäume keine Aufführung. Ich halte mir zugute, dass ich etwas verstehe von der Bühne. Ich versäume nicht leicht eine Aufführung und höre die Meinung darüber aus dem Munde meines Herren, also aus erster Hand. Es wäre anmaßend zu sagen, dass mein Herr mein Urteil schätzt. Aber immerhin fragt er danach, indem es ihm beliebt, mich nach einzelnen Vorführungen anzureden. Natürlich bin ich ein ergebener Diener und würde dem Herrn niemals widersprechen. Aber ich mache mir Gedanken über die Stücke und Schauspieler und versuche, diese selbstverständlich mit denen meines Herrn in Einklang zu bringen. Ich kannte Herrn Friedrich Schiller aus Stuttgart schon seit Anfang des Jahres. Seitdem wir am 13. Januar hier in Mannheim sein Stück "Die Räuber" aufgeführt haben. Mit gewaltigem Erfolg. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Die Herren standen auf den Stühlen, die elegantesten Damen lage Leseprobe
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