Beschreibung
Die rechtliche Stellung von Menschen, die keine Aufenthaltspapiere haben und einer Erwerbsarbeit nachgehen, ist prekär. Seit 2011 stellt § 98a AufenthG nun ausdrücklich fest, dass auch diese Menschen einen Anspruch auf Vergütung für ihre Arbeit haben, den sie vor einem deutschen Gericht einklagen können. Der vorliegende Band untersucht, wie weit dieses Recht reicht, ob und wie weit darüber hinaus Schutzrechte gelten und was zu tun ist, um die Rechtssituation zu verbessern. Unter Einbindung soziologischer Erkenntnisse und unter Berücksichtigung von Genderaspekten werden zudem Handlungsstrategien für Betroffene und politische Akteure einschließlich Gewerkschaften aufgezeigt.
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InhaltsangabeInhalt Einleitung Andreas Fischer-Lescano, Eva Kocher & Ghazaleh Nassibi7 Einführung Menschen ohne Aufenthaltsstatus in der Erwerbsarbeit: Eine sozialwissenschaftliche Einführung Dita Vogel13 Rechtliche Rahmenbedingungen der Arbeit in der Illegalität Grund und Menschenrechte illegalisierter Migrantinnen und Migranten Timo Tohidipur41 Illegale Migration und die Rechte von illegalen Migrantinnen und Migranten als Regelungsgegenstände des Europarechts Jürgen Bast71 Die illegale Beschäftigung im deutschen Arbeits- und Sozialrecht unter Berücksichtigung von Fragen der sozialen Sicherung Ibrahim Kanalan91 Der Schutz irregulärer Migrantinnen und Migranten in ihren Rechten in der Arbeit durch die UN-Menschenrechtskonventionen - Ein Überblick Katharina Spieß114 Rechte für Beschäftigte als Sanktionen gegen Arbeitgeber_innen - Eine erste Einschätzung der Neuregelung in § 98 a AufenthG Eva Kocher & Ghazaleh Nassibi135 Rechtspolitische Handlungsstrategien: Wege aus der Illegalität Regularisierung des Aufenthalts von Menschen ohne Papiere: Bausteine einer liberalen Migrationspolitik? Marei Pelzer143 Soziologie der Migrationskämpfe: Die Transformation der Bewegung der 'Papierlosen' in Barcelona in eine MigrantInnenbewegung Amarela Huerta159 Arbeitsrechte für Menschen ohne Papiere in Deutschland Christian Lewek181 Gewerkschaftliche Handlungsspielräume: von der außergerichtlichen Interessendurchsetzung bis zum gewerkschaftlichen Rechtsschutz Frank Schmidt-Hullmann, IG BAU199 Arbeitsrechte für Menschen ohne Papiere - die Agenda der Gewerkschaften Sonja Marko, verdi212 Autorinnen und Autoren218
Leseprobe
Einleitung Andreas Fischer-Lescano, Eva Kocher & Ghazaleh Nassibi In Deutschland leben nicht nur zehntausende Menschen ohne Aufenthaltspapiere; sie arbeiten hier auch. Von regulärer Erwerbsarbeit sind sie jedoch faktisch ausgeschlossen; ihre Tätigkeit gilt als 'Schwarzarbeit', auch ihre Arbeitgeber_innen müssen mit Sanktionen rechnen. Menschen ohne Papiere arbeiten zwar nahezu in allen Branchen; sie müssen sich jedoch aus diesen Gründen oftmals mit prekären Arbeitsbedingungen in der sog. Schattenwirtschaft zufrieden geben; ein großer Teil ist in privaten Haushalten beschäftigt. Dennoch: Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus sind zwar ohne Papiere, aber nicht rechtlos. Die Rechte auf (angemessene) Entlohnung, Mindesturlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Unfallversicherung (um nur einige grundlegende Rechte in der Erwerbsarbeit zu nennen) gelten uneingeschränkt für alle Arbeitnehmer_innen. Diese Rechte sind einklagbar, unabhängig davon, welchen Aufenthaltsstatus die Menschen besitzen und ob eine Arbeitserlaubnis vorliegt. In Bezug auf die Entlohnung stellt dies nun auch das Gesetz zur Umsetzung der 'Arbeitgeber-Sanktions-Richtlinie' 2009/52/EG in § 98a AufenthG klar und trifft damit erstmals eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu dieser Frage. Das vorliegende Buch analysiert die rechtliche Stellung von Menschen ohne Aufenthaltspapiere in der Erwerbsarbeit auf der Basis des geltenden deutschen, europäischen und internationalen Rechts. Zur Bezeichnung von 'Menschen ohne Aufenthaltspapiere' verwenden die Autorinnen und Autoren des Buchs unterschiedliche Begriffe: 'illegale Migrant/innen', 'illegalisierte Migrant/innen', 'illegal aufhältige Drittstaatsangehörige', 'irreguläre Migrantinnen und Migranten', 'Menschen ohne Aufenthaltsstatus', 'Personen ohne Papiere', 'sans papiers', 'Papierlose'. Gemeint sind jeweils Ausländer_innen/Migrant_innen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Der illegale Aufenthalt kann durch eine illegale Einreise, den Ablauf eines regulären Aufenthaltstitels wie z.B. eines Touristenvisums, oder den Entzug einer Aufenthaltsgenehmigung oder eines Abschiebeschutzes entstehen. Nicht erfasst werden also EU-Bürger_innen, Geduldete, Asylbewerber_innen, Personen mit Touristenvisa und ähnlichen Titeln, die trotz eines Verbots der Erwerbsarbeit arbeiten sowie ausländische Zuwanderer_innen, die mit gefälschten Papieren oder Identitäten gemeldet sind und so ein Aufenthaltsrecht erfolgreich vortäuschen. Allerdings: Viele der im Buch angesprochenen Probleme der 'Schwarzarbeit' betreffen auch andere Gruppen von Arbeitnehmer_innen in gleicher und ähnlicher Weise. Und obwohl im Folgenden die Rechte in der abhängigen Arbeit im Mittelpunkt stehen, können sich auch für selbstständig Erwerbstätige vergleichbare Rechtsfragen stellen. Beschäftigte ohne Aufenthaltspapiere bewegen sich somit nicht in einem 'rechtsfreien Raum' - auch wenn sie oder ihre Arbeitgeber_innen dies oft annehmen. Von großer Bedeutung ist deshalb die Frage nach der wirksamen Durchsetzung der Rechte von Erwerbstätigen - im Gegensatz zur Verletzung von Gesetzen durch Erwerbstätige, insbesondere durch Schwarzarbeit und illegalen Aufenthalt. Aus der Sicht der Erwerbsarbeit erschwert gerade diese Gemengelage den Menschen ohne Aufenthaltspapieren die Rechtsdurchsetzung - falls sie überhaupt Kenntnis von ihren Rechten haben. Denn der fehlende legale Aufenthaltsstatus erhöht die Abhängigkeit von den Arbeitgeber_innen und schafft subjektiv das Empfinden eines insgesamt rechtlosen Zustandes.