Beschreibung
Kai-Fu Lee: China, USA und die künstliche Intelligenz Wer wissen will, wie sich in der Welt die Gewichte verschieben, muss sich die Künstliche-Intelligenz-Industrie (AI-Industrie) anschauen. Kai-Fu Lee, Ex-Google-China-CEO, milliardenschwerer Start-up-Investor und einer der weltweit renommiertesten AI-Experten, bietet in seinem Buch erstmals die chinesisch-amerikanische Perspektive. Er berichtet aus erster Hand wie die BusinessKulturen aufeinanderprallen, warum die SiliconValley Strategien in China scheitern mussten, wie ein chinesisches Google (Baidu), Facebook (WeChat) und Amazon (Alibaba) sowie tausende kleine AIUnternehmen längst Maßstäbe setzen und sich ungebremst an die Weltspitze arbeiten. Lee fordert, dass die Weltmächte gemeinsam die Verantwortung für die sich neu formierende Wirtschaft übernehmen.
Autorenportrait
Der ehemalige Google-China-Chef Kai-Fu Lee, vorher in leitenden Positionen bei Microsoft, SGI und Apple, ist Chairman und CEO von Sinovation Ventures und Präsident vom Artificial Intelligence Institue von Sinovation Venture. Er hat in den USA und in Hongkong studiert und promoviert. 2013 wurde er vom Time Magazine als eine der 100 wichtigsten Persönlichkeiten ausgewählt, er zeichnet verantwortlich für zehn US-Patente, hat in China acht Bücher veröffentlicht und hat mehr als 50 Millionen Follower in Social Media.
Leseprobe
VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE Als junger Doktorand an der Carnegie Mellon University Ende der 1980er-Jahre interessierte ich mich sehr für die Bereiche maschinelles Lernen und Spracherkennung. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, dass die künstliche Intelligenz sich in drei Jahrzehnten von einem wunderbaren Nischenbereich der wissenschaftlichen Forschung in die treibende Kraft der umfassendsten technologischen Revolution, die unsere Gesellschaft je erlebt hat, verwandeln würde. Wäre ich damals gebeten worden zu prognostizieren, welche Weltregionen bei Forschung und Entwicklung im Bereich der KI am ehesten eine Führungsrolle einnehmen würden, hätte ich sicher Europa im gleichen Atemzug mit den USA genannt. Schließlich wurden die Entwickler des Deep Learning und Träger des Turing Award 2018 - Geoffrey Hinton, Yann LeCun und Yoshua Bengio - als Europäer geboren. Doch im Laufe der Jahre geschah etwas Seltsames. Während die Region immer noch einen Vorsprung in Bezug auf den Kernbereich der KI-Forschung besitzt, sind zahlreiche europäische KI-Forscher und -Ingenieure auf der Suche nach lukrativen und herausfordernden Erwerbsmöglichkeiten in die Vereinigten Staaten ausgewandert - oder haben sich US-amerikanischen Unternehmen mit Büros auf dem europäischen Kontinent angeschlossen. Die USA beheimaten alle westlichen Technologieriesen, die im Bereich der KI führend sind, und mit ihren beneidenswert umfangreichen KI-Investitionen wirken sie hochgradig anziehend auf junge Talente, die nach Möglichkeiten suchen, ihr Wissen bei der Entwicklung unzähliger KI-Lösungen einzusetzen, die unsere Lebens- und Arbeitsweise verändern werden. Unterdessen hat sich China zu einem der weltweit führenden Anbieter von profitablen KI-Lösungen entwickelt. Ich erläutere in meinem Buch, auf welche Faktoren sich diese neu erworbene technologische Dominanz zurückführen lässt. Die schiere Größe der chinesischen Bevölkerung und die Tatsache, dass sie die Mobilfunktechnologie als Teil ihres täglichen Lebens akzeptiert, haben China einen Vorteil bei der Erhebung von Qualitätsdaten verschafft, die für die Entwicklung von KI entscheidend sind. Hinzu kommen die unermüdliche 'The-Winner-takes-all'-Unternehmenskultur, die langjährige Wagniskapitalfinanzierung sowie staatliche Anreize für die Entwicklung von KI. All dies ist auch in Europa auf dem Vormarsch, doch der Versuch, zu den KI-Giganten - China und den USA - aufzuschließen, ist ein mühsames Unterfangen und ein Wettlauf gegen die Zeit. Europa muss Arbeitsplätze für seine talentierten KI-Ingenieure schaffen, die ihr Studium an den wissenschaftlichen Kompetenzzentren des Kontinents abschließen. Das Wagniskapital-Ökosystem verbessert sich zwar aktuell, muss aber noch weitaus leistungsfähiger werden, um europäische KI-Unternehmer wirksam zu fördern und sie von einer Auswanderung abzuhalten. Die Europäische Union wiederum hat die Möglichkeit, ihren Binnenmarkt-Ansatz bei der Kommerzialisierung von KI zu festigen. Es ist zwar bekannt, dass die Europäer ihre Privatsphäre sehr schätzen, doch Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger sollten ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Regulierung von KI und der Innovationsförderung anstreben. Die Privatsphäre ist nicht binär; sie ist eine Entscheidung, die mit Kompromissen einhergeht. Und obwohl es äußerst wichtig ist, Missbrauch mithilfe geeigneter Regulierungsmaßnahmen zu verhindern, sollten diese mit oft wirksameren Technologiekontrollen einhergehen. Die KI wird bald wie Strom sein - allgegenwärtig und unentbehrlich. Daraus erwächst eine große Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die KI ihrem Potenzial, als positive Kraft zu wirken, gerecht werden kann - sei es bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, beim medizinischen Fortschritt, bei der Transformation von Industrieprozessen, beim Zugang zu besserer Bildung oder bei der Erleichterung unseres Alltags durch unzählige Annehmlichkeiten - sowohl große als auch kleine. Die Übergangsphase hat bereits begonnen, und obwohl es 15 Jahre oder noch länger dauern könnte, bis sich die KI-Technologien branchenübergreifend auswirken, ist schnelles Handeln gefragt: Wir müssen die erforderliche Infrastruktur schaffen, um massive Störungen zu vermeiden und die menschlichen Notlagen abzumildern, die zwangsläufig in Form von Arbeitsplatzverlagerungen auftreten werden. Ich bin äußerst optimistisch, was das Potenzial der KI anbelangt, unser Leben zum Besseren zu verändern. Gleichzeitig bin ich mir der Missbrauchsgefahren bewusst, die mit KI einhergehen. Ungeachtet des globalen Wettbewerbs um die technologische Vorherrschaft ist ein konzertiertes, länderübergreifendes Vorgehen unerlässlich, um sicherzustellen, dass die KI ihr Potenzial ausschöpfen kann. Ich fordere die Unternehmen in Europa und anderswo auf, zu prüfen, inwiefern KI zur Steigerung ihrer Gewinnmarge beitragen könnte. Sie sollten zudem erkennen, welch wichtige Rolle On-the-Job-Training bei dem Bemühen spielt, sicherzustellen, dass sich ihre Arbeitskräfte an die bevorstehenden Veränderungen anpassen können. Ebenso vertraue ich darauf, dass Bildung, Qualifizierung, Sicherheit und die Schaffung von Arbeitsplätzen für alle Regierungen oberste Priorität genießen, während wir den größten technologischen Wandel aller Zeiten durchlaufen. Was mich jeden Tag antreibt, ist mein grundlegender Glaube an die Fähigkeit der KI, unsere Menschlichkeit zu stärken. Ich hoffe, dass dieses Buch zu weiteren Gesprächen und zur Einleitung förderlicher Maßnahmen in Bezug auf KI anregt. KaiFu Lee, Juni 2019 EINLEITUNG Eine der Verpflichtungen, die mit meiner Tätigkeit als Risikokapitalgeber einhergehen, besteht darin, dass ich oft Vorträge über künstliche Intelligenz (KI) beziehungsweise Artificial Intelligence (AI) vor Mitgliedern der globalen wirtschaftlichen und politischen Elite halte. Zu den Freuden meiner Arbeit gehört, manchmal mit Kindergartenkindern über genau dasselbe Thema sprechen zu können. Überraschenderweise stellen mir diese beiden sehr unterschiedlichen Zuhörergruppen oft die gleichen Fragen. Während eines kürzlichen Besuchs in einem Pekinger Kindergarten quetschte mich eine Schar von Fünfjährigen über unsere KI-Zukunft aus. 'Werden wir Roboterlehrer haben?' 'Was, wenn ein Roboterauto auf ein anderes Roboterauto stößt und wir dann verletzt werden?' 'Werden die Leute Roboter heiraten und mit ihnen Babys bekommen?' 'Werden Computer so klug werden, dass sie uns herumkommandieren können?' 'Wenn Roboter alles machen, was machen wir dann überhaupt?' Die Fragen dieser Kindergartenkinder spiegelten jene einiger der mächtigsten Menschen der Welt wider, und unser Austausch war in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Zum einen belegte er, dass KI ins allgemeine Bewusstsein gerückt ist. Noch vor wenigen Jahren war künstliche Intelligenz ein Feld, das überwiegend in akademischen Forschungslabors und Science-Fiction-Filmen anzutreffen war. Der Durchschnittsbürger ahnte vielleicht, dass es bei KI darum ging, Roboter zu bauen, die wie Menschen denken können, doch diese Aussicht hatte nahezu nichts mit unserem täglichen Leben zu tun. Heute hat sich das grundlegend geändert. Unsere Zeitungen sind voller Artikel über die neuesten KI-Innovationen. Fast täglich findet irgendwo eine Wirtschaftskonferenz statt, die sich mit den Möglichkeiten zur Gewinnsteigerung mithilfe von KI beschäftigt. Und Regierungen weltweit verabschieden nationale Pläne zur Nutzung der Technologie. Die KI steht plötzlich im Mittelpunkt des öffentlichen Diskurses, und das aus gutem Grund. Bedeutende theoretische Durchbrüche in der KI haben endlich zu praktischen Anwendungen geführt, die unser Leben verändern werden. Viele unserer Lieblings-Apps und -Websites werden schon heute von KI betrieben, und in den kommenden Jahren wird KI unsere Autos steuern, unsere Portfolios verwalten, vieles von dem produzieren, was wir kaufen, und uns möglicherweise unseren Arbeitsplatz kosten. Diese Nutzungsmöglichkeiten sind v...
Schlagzeile
Kai-Fu Lee: Das Orakel der Künstlichen Intelligenz