0

Baustelle Körper

Bioethik der Selbstachtung

Erschienen am 25.03.2009, 1. Auflage 2009
24,95 €
(inkl. MwSt.)

Nicht lieferbar

In den Warenkorb
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608942019
Sprache: Deutsch
Umfang: 287 S.
Format (T/L/B): 2.9 x 21 x 13.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ist die Biotechnologie ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft? Falsche Hoffnungen und Ängste überfrachten die Diskussion. Seit Jahren scheiden sich die Geister an den vermeintlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auf der 'Baustelle Körper'. Zeit für eine allgemeinverständliche und provokante Bioethik der Selbstachtung im 21. Jahrhundert. Gehören wir uns noch selbst, wenn wir unsere Gene patentieren? Verrät die Embryonen verbrauchende Stammzellforschung den europäischen Humanismus? Setzen die Selbsttötung und die aktive Sterbehilfe die abendländische Kultur außer Kraft? Behutsamer Zustimmung steht scharfe Ablehnung gegenüber. Diese und viele andere Fragen werden präzise erwogen, provokant behandelt und mit einer Bioethik der Selbstachtung verknüpft: Franz Josef Wetz macht weder eine wertkonservative Krise aus, noch lässt er sich von apokalyptischen Szenarien beirren.

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Klett-Cotta J.G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger
produktsicherheit@klett-cotta.de
Rotebühlstraße 77
DE 70178 Stuttgart

Autorenportrait

Franz Josef Wetz, geboren 1958, studierte Philosophie, Germanistik und Theologie; 1989 Promotion und 1992 Habilitation an der Universität Gießen. Von 1992 an war Wetz in der Ausbildung von Lehrern tätig, seit 1994 ist er Professor für Philosophie und legte zahlreiche kontroverse Publikationen vor.

Leseprobe

Mens sana in corpore sano - Was wird nicht alles unternommen, um attraktiv auszusehen! Doch ein wohlgestalteter Körper erfordert eiserne Disziplin, Zeit und Geld; Schönheit ist eine in jeder Beziehung kostspielige Angelegenheit. Sie beginnt mit Anti-Falten-Cremes, um die Haut glatt, gepflegt und kratzerfrei zu halten. Diäten erweitern das Schönheitsprogramm, führen manchmal zu beängstigenden Essstörungen, bewirken aber auf Dauer nur eine Diät des Geldbeutels. Am meisten gefragt sind kalorienreduzierte Nahrungsmittel: Light-Produkte ohne Zucker- und Fettgehalt. In Friedenszeiten zahlt man dafür viel Geld; am Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt man diese Produkte ohne Lebensmittelkarten. Jede sichtbare Körperveränderung verlangt darüber hinaus auch Fitness: mehrmaliges Joggen in der Woche und exzessiv betriebenes Training im Kraftstudio, bei dem sich die Männer auf Brust, Arme und Schultern, die Frauen auf Bauch, Beine und Po konzentrieren. Vordergründig heißt das Ziel Gesundheit - gemäß dem immer wieder fehlgedeuteten Ausspruch 'mens sana in corpore sano', als ob Leibesertüchtigung von selbst dem Geiste zugute käme. Der vollständige Vers, der zum Sprichwort verfälscht wurde, stammt aus einer Satire Juvenals, der über die sinnlosen Wünsche der Menschen an die Götter spottet: 'Orandum est ut sit mens sana in corpore sano - Lasst uns darum beten, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sein möge. ' Wenn die Erdenbürger schon die Himmlischen um etwas Sinnvolles bitten wollen, dann sollten sie darum flehen, dass sich in einem gesunden Körper ein gesunder Geist befinde, denn oft genug sei dies gerade nicht der Fall. Wie häufig befänden sich in gesunden, sportlichen Körpern große Dummköpfe! Juvenal sagt also genau das Gegenteil dessen, wofür er heute herhalten muss. Diese Fehldeutung, wonach Leibeserziehung und Sport geradezu automatisch den Geist stärken, entstand vermutlich in der Turnbewegung des 19. Jahrhunderts. Diese Bewegung rief Friedrich Ludwig Jahn ins Leben, der 1811 den ersten öffentlichen Turnplatz einrichtete und damals Sportförderung zu einem Volksthema machte. 'Mens sano in corpore sano' ist somit eines jener produktiven Missverständnisse und Irrtümer der Geschichte, die sich auf Kosten ursprünglicher Wahrheiten entwickelt haben. Belege hierfür gibt es mehr als genug. Beispielsweise hat Epikur niemals sinnenfreudige Völlerei empfohlen, Kolumbus nicht als Erster Amerika entdeckt, Kopernikus nie das mittelalterliche Weltbild zerstören wollen, Rousseau mitnichten 'Zurück zur Natur!' gerufen und Churchill keineswegs 'No sports' gesagt. Wie merkwürdig es klingt: Manchmal entfalten Irrtümer wie die eben genannten eine ganz eigene Wahrheit. Körper als formbares Objekt - Nun geht es beim gegenwärtigen Sportboom häufig weniger um Gesundheit als um Schönheit - den als ideal propagierten Körper, der nach einer Meinungsumfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie bei Frauen schlank und bei Männern muskulös aussehen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, schreckt das so genannte 'starke Geschlecht' nicht einmal vor anabolen Steroiden zurück, wie das 'schwache' keineswegs Schlankheitspillen, Appetitzügler, Abführmittel oder Entwässerungstabletten scheut. Zahlreiche Wissenschaftler erforschen heute Medikamente, welche das Hungerzentrum im Hirn blockieren und somit die Lust am Essen zügeln sollen. Wem dies alles noch immer nicht genügt, der kann seinen Körper auch der modernen Technik anvertrauen. Mit Hilfe der kosmetischen Chirurgie versuchen inzwischen immer mehr Frauen und Männer ihre einmal erzielte Attraktivität so lange wie möglich zu erhalten. Kollagen- und Eigenfettimplantationen, Fräse-Behandlungen oder chemisches Peeling machen Alterungen der Haut rückgängig. Die plastische Chirurgie - einst erfunden, um körperliche Entstellungen wie Geburtsfehler, Verbrennungen und Verletzungen der unterschiedlichsten Art zu beheben - hat sich zunehmend in Schön Leseprobe

Inhalt

1 Von der Seelsorge zur Körperpflege Lebenskult, Gesundheitswahn und Abenteuersucht 2 Rettung der Selbstachtung Die abstrakte Würde - eine konkrete Bürde 3 Gehören wir uns noch selbst? Genpatente 4 Eingriffe ohne Einwilligung Humanexperimente und Humangenetik 5 Im Nebel der Ungereimtheiten Präimplantationsdiagnostik, Stammzellenforschung und Therapeutisches Klonen 6 Wie wertvoll ist menschliches Leben? Embryonen und Föten 7 Der bewirtschaftete Körper Wider quälende Skrupel und lähmende Verzagtheit 8 Das dressierte Hirn Infochips und Neuroimplantate 9 Nachkommen um jeden Preis Fortpflanzungsmedizin 10 Ist das Abtreibungsverbot rechtswidrig? Schwangerschaftsabbruch 11 Der sozialpflichtige Körper Organ und Gewebespende 12 Selbstbestimmung bis in den Tod Sterbehilfe 13 Das Märchen vom schönen Tod Würdelos sterben 14 Haben Tote Würde? Körperwelten 15 Schluss Anmerkungen Literatur Sachregister Personenregister

Schlagzeile

Der umfassendste Überblick zur Bioethik