Beschreibung
Dieses Buch beschäftigt sich mit einer wesentlichen Frage des Menschen: »Wer bist Du, Gott?« Pater Anselm Grün, einer der bedeutendsten spirituellen Autoren der Gegenwart, und Wunibald Müller, ein erfahrener und bekannter Psychotherapeut, sprechen offen über ihre Erfahrungen mit Gott. Trost im Glauben und atheistische Zweifel kommen klar zu Wort.
»Wir erheben nicht den Anspruch, auch nur ansatzweise mehr zu wissen von Gott als andere Vielleicht regt unser Gespräch dazu an, mit anderen ins Gespräch über Gott zu kommen oder aber selbst das Gespräch mit Gott aufzunehmen damit Gott eine Chance hat, in unserem Leben und Alltag Einkehr zu halten.« (Anselm Grün und Wunibald Müller)
Autorenportrait
Dr. Wunibald Müller, geb. 1950, ist Theologe, Psychologe, Psychotherapeut. Der Leiter des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach ist Autor zahlreicher Bücher zu Themen der Spiritualität, Lebenshilfe und Psychologie.
Leseprobe
Dein Gott soll mein Gott sein - ein Vorwort
Zunächst erschien es uns etwas vermessen zu sein, über Gott zu reden. Auch jetzt bleibt der Eindruck, dass es zumindest ein schwieriges Unterfangen ist, sich auf ein Gespräch über Gott einzulassen. Doch je mehr wir uns darauf einließen, desto mehr spürten wir, dass es letztlich gar nicht oder nur sehr begrenzt möglich ist, über Gott zu reden. Wir haben es dennoch getan. Zumindest haben wir es versucht. Wir sind der Frage nachgegangen, ob Gott existiert. Wir haben - zumindest ansatzweise - auch versucht, uns auf die Stimmen einzulassen, die nicht an Gott glauben, die Schwierigkeiten haben, Gott in ihrer Welt und in ihrem Alltag als anwesend und wirkend zu erleben und zu erfahren.
Uns geht es nicht darum, die Existenz Gottes zu beweisen. Das können wir nicht. Was wir können, ist, über unsere Erfahrung mit Gott zu sprechen. Da aber können wir uns, wollen wir wirklich aus unserer Erfahrung sprechen, nicht zurückhalten. Da müssen wir andere auch an unseren innersten Gefühlen und Gedanken teilhaben lassen. Da müssen wir uns ganz weit aufmachen und anderen einen tiefen Blick in unser Innerstes gewähren. Das aber hat ganz wesentlich mit Gott zu tun. Mein Innerstes zur Sprache zu bringen, ist vielleicht sogar die Voraussetzung dafür, um wirklich über Gott zu reden. Mein Innerstes zum Ausdruck zu bringen. Mich zu getrauen, die innersten Regungen meines Herzens und meiner Seele - ja - preiszugeben.
So ist dieses Buch zu einem sehr persönlichen, intimen Buch geworden. Wir wussten das am Anfang nicht. Es hat sich so entwickelt. Das ist aber der wohl authentischste Beitrag, den wir beide leisten können, wenn es um Gott geht.
Wir erheben nicht den Anspruch, auch nur ansatzweise mehr von Gott zu wissen als andere. Wir beanspruchen für uns auch nicht, im Besitz der Wahrheit zu sein, wenn es um Gott geht. Wir sind auf Fragen eingegangen, die Menschen im Zusammenhang mit Gott beschäftigen. Wir haben Männer und Frauen im Blick, die kirchennah sind, und Menschen, die der Kirche fernstehen: Suchende, Zweifelnde ebenso wie jene, die fest davon überzeugt sind, dass es Gott gibt, und für die ein Leben ohne Gott undenkbar ist, und jene, für die Gott ein Stein des Anstoßes oder auch nur von geringem Interesse ist.
Vielleicht regt unser Gespräch dazu an, mit anderen ins Gespräch über Gott zu kommen oder aber selbst das Gespräch mit Gott aufzunehmen. Mancher mag sich in unseren Gedanken und Erfahrungen wiederfinden. Ein anderer wird sich in dem, was wir hier sagen, kaum entdecken. Das ist in Ordnung so. Wie es auch in Ordnung ist, nachdem man sich lange Gedanken über Gott gemacht und sich intensiv über ihn ausgetauscht hat, vielleicht auch darüber ins Gespräch mit ihm getreten ist, innezuhalten und zu schweigen. Damit Gott eine Chance hat, in unserem Leben und in unserem Alltag Einkehr zu halten, in Erscheinung zu treten und wahrgenommen zu werden. Wirklichkeit für uns und in unserem Leben zu werden.
Winfried Nonhoff vom Kösel-Verlag danken wir für seine Einladung und Ermutigung, uns auf ein Gespräch über Gott einzulassen, Melanie Bradtka für die gute Zusammenarbeit beim Lektorat des Textes.
Anselm Grün und Wunibald Müller
Wenn an Gott glauben bedeutet,
von ihm in der dritten Person reden zu können,
glaube ich nicht an Gott.
Wenn an ihn glauben bedeutet, zu ihm reden zu können, glaube ich an Gott.
TEIL I
Martin Buber
ÜBER GOTT REDEN
Leise über Gott reden
WUNIBALD MÜLLER: Da haben wir uns ja, von Winfried Nonhoff, dem Leiter des Kösel-Verlags, angeregt, auf ein Thema eingelassen, das ganz schön heikel ist: miteinander über Gott zu reden, der Frage nachzugehen, wer Gott ist, was uns Gott bedeutet, wie wir Gott erfahren. Vor allem auf die Frage einzugehen, wer Gott ist, und über Gott zu reden, bereitet mir etwas Bauchschmerzen. Können wir das überhaupt? Ist das nicht an und wie du ihn erfährst. Dann bleiben wir nicht bei einem Sprechen über Gott stehen, sondern - und das verspreche ich mir von unserem Gespräch - tauschen uns über unsere Erfahrungen mit Gott aus. Dabei will ich beherzigen, was mir der Würzburger Weihbischof Ulrich Boom mit auf den Weg gab: »Man soll schon über Gott reden, aber leise.«
ANSELM GRÜN: Das ist eine weise Empfehlung. Denn manche Menschen reden tatsächlich so laut über Gott, als ob sie ihn genau kennen würden, als ob sie ihn in die Tasche stecken könnten. Da werde ich immer skeptisch. Man kann über Gott wirklich nur sehr leise reden. Auf der anderen Seite müssen wir von Gott reden. Denn er ist die eigentliche Wirklichkeit unseres Lebens. Wenn wir ihn verschweigen, schweigen wir einen wichtigen Bereich unseres Lebens tot.
Bei einer Diskussion mit Theologen über die biblischen Heilungsgeschichten fragte mich ein Theologe: »Wie definieren Sie Gott?« Ich war etwas irritiert. Denn Gott kann ich nicht definieren. Natürlich kann ich die philosophischen und theologischen Beschreibungen Gottes heranziehen. Aber ich weiß, dass es nur Versuche sind, sich dem unbegreiflichen Gott zu nähern.
Wenn wir in diesem Bewusstsein von Gott sprechen, dass unsere Begriffe und Worte nur den Zipfel Gottes berühren, dann bin ich gerne bereit, über Gott zu sprechen und jetzt in den Dialog mit dir einzutreten. Wenn wir meinen, wir wüssten genau, wer Gott ist, dann müsste ich aufhören.
Wir können von Gott mehr sagen, was er nicht ist, als was er ist
WUNIBALD MÜLLER: Damit befinden wir uns schon mitten im Gespräch über Gott, und ich gebe dir recht: Wir können und sollen nicht schweigen über Gott. Du hast als Mönch einen Lebensstil gewählt, der ganz stark geprägt ist von dem Bewusstsein, dass es Gott gibt und Gott in unsere Wirklichkeit hineinwirkt. Dein Tagesablauf ist umrankt von festgelegten Gebetszeiten, bis dahin, dass im Grunde genommen alles, was du tust, zur größeren Ehre Gottes beitragen soll.
Auch für mich ist der tiefe Glaube an die Existenz Gottes, seine Anwesenheit und sein Wirken in meinem Leben und in unserer Welt der tragende Grund meines Lebens. Als Christ bedeutet das für mich, mein Leben, meinen Alltag in Verbindung mit Gott zu bringen. Ich frage mich immer wieder, was Gott mit mir vorhat, was sein Wille ist. Ich will der werden und sein, der zu werden und zu sein er mich bestimmt hat.
Dabei weiß ich, wie schwer es manchmal sein kann, herauszufinden, was Gott von mir will. Wie es überhaupt sehr schwer ist, herauszufinden, was Gott in bestimmten Situationen von uns will. Ich habe daher auch Probleme damit, wenn ich Menschen begegne, die mit einer Selbstverständlichkeit zu wissen glauben, was der Wille Gottes ist, und das nicht nur für sich, sondern oft vor allem auch für andere. Das trifft auch auf manche Kirchen, Kirchenführer oder Obere zu, die den Eindruck erwecken, den Heiligen Geist persönlich zu besitzen.
ANSELM GRÜN: Manche meinen, sie wüssten genau, was Gott denkt. Sie glauben, sie würden Gottes Absichten und Gedanken kennen. Auch da kann ich nur sagen: Ich kenne Gottes Gedanken nicht. Ich kann nicht in Gottes Denken hineinschauen. Ich kann mich nicht über Gott stellen und überlegen, was er denkt und warum er so denkt. Ich kann nur die Welt betrachten und überlegen, wie Gott die Welt geschaffen hat. Ich kann auf mein Herz und seine Sehnsucht hören und den Ahnungen des Herzens trauen, die mir etwas von Gott sagen. Aber ich halte es mit der apophatischen Theologie der Mystiker, die besagt, dass wir von Gott mehr sagen können, was er nicht ist, als was er ist.
WUNIBALD MÜLLER: Das werden wir bei allem, was wir zu Gott sagen, immer wieder bedenken müssen. Wir bewegen uns auf der via negativa, einem Weg, bei dem das, was wir von Gott sagen, weit entfernt ist von dem, wer Gott wirklich ist. Was uns aber nicht abhalten sollte, zu versuchen, Gott auch mithilfe von Vergleichen, Bildern und Symbolen zu beschreiben. Dabei muss ich freilich gestehen, dass ich, je älter ich Leseprobe
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