Beschreibung
Psalm 88, der durch seine scheinbar letztgültige "Finsternis" innerhalb des Alten Testaments sowohl inhaltlich als auch formal einzigartig dasteht, hat in letzter Zeit wieder stärker exegetische Beachtung gefunden. Die vorliegende Studie geht in einem ersten forschungsgeschichlich orientierten Hauptteil einigen methodisch divergenten Interpretationen nach. Dabei wird herausgearbeitet, ob und in welcher Weise sich das Selbstverständnis des Exegeten und die gewählte Methode auf die jeweilige Interpretation auswirken. Ein zweiter Hauptteil setzt bei einer methodisch reflektierten Neubesinnung auf die Aufgabe des Exegeten ein, die mit seiner Rolle als "Anwalt" sowohl des Textes wie auch des Lesers eine doppelte ist. Diese Reflexion dient gewissermaßen als "Korrektiv" für eine eigene Auslegung des 88. Psalms, die zum einen versucht, die sinnhafte Selbständigkeit dieses beispiellosen Glaubenstextes zu berücksichtigen und zum anderen seine kommunikative Einbindung in eine lebendige, aktuelle Leserbeziehung nicht zu vernachlässigen. Als These liegt der Arbeit zugrunde, daß die hohe Anzahl an "Leerstellen" im Psalmtext für die inhaltliche Mannigfaltigkeit der analysierten Auslegungen mit verantwortlich ist. Diesen Leerstellen, die für die Auslegung sowohl Chancen als auch Gefahren bieten, kommt für den eigenen Interpretationsversuch ein hoher Stellenwert zu. Auf dem Hintergrund ihrer Auslegung will die Verfasserin schließlich dazu anregen, dem 88. Psalm, der durch sein gegebenes Sinn- und Bedeutungspotential theologisch von hoher Relevanz ist, auch in Seelsorge und Gottesdienst stärker eine - betende - Stimme zu verleihen.
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Autorenportrait
Juliane Schlegel, geb. 1975, ist Assistentin und Promovendin am Lehrstuhl für Neues Testament an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.