Beschreibung
Elisabeth Plessens neuer Gedichtband ist die Anrufung eines geliebten Menschen, eine Versicherung der gemeinsam gelebten Zeit und eine stille, doch trotzige, radikale Anklage des Todes. Mit eindringlicher Stimme schildert die Autorin und Übersetzerin ihr Leben an der Seite ihres langjährigen Lebensgefährten, des Regisseurs Peter Zadek, und nimmt den Leser mit zu den Schauplätzen ihres Lebens. Ausgehend von der Wohnung in Hamburg, dann in Berlin, über Italien und die Schweiz, schließlich kreuz und quer durch Europa, spürt sie den Erinnerungen nach und stellt sich dem Verlust und ihrer Einsamkeit. Sie nennt das Skandalon des Todes beim Namen, die prinzipielle und unaufhebbare Untröstlichkeit der (Über)Lebenden, die Intensität und Ausschließlichkeit der Liebe. In täuschend schlichten, zugleich berückend intensiven Worten sucht sie dabei eine Antwort auf die Frage, wie ein Leben ohne jenen Menschen, mit dem man alles teilte, möglich sein kann.
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Autorenportrait
Elisabeth Plessen, 1944 in Neustadt in Holstein geboren, studierte Geschichte, Philosophie und Germanistik in Paris und Berlin und promovierte bei Walter Höllerer zur 'zeitgenössischen Epik im Grenzgebiet von fiction und nonfiction'. Sie debütierte 1976 mit dem Roman 'Mitteilung an den Adel' und veröffentlichte seitdem fünf weitere Romane, drei Erzählbände, einen Gedichtband sowie die Memoiren ihres langjährigen Lebens- und Arbeitsgefährten Peter Zadek. Bekannt wurde sie auch als Übersetzerin von Theaterstücken von William Shakespeare, Henrik Ibsen und Sarah Kane. Für ihr Werk wurde sie u.a. mit dem Deutschen Kritikerpreis und dem Droste-Preis der Stadt Meersburg ausgezeichnet. Sie lebt wechselnd in der Toskana und in Berlin. Im Berlin Verlag sind bisher der Roman 'Ida' (2010), eine Neuauflage von 'Kohlhaas' (2011), der Gedichtband 'An den fernen Geliebten' (2014) sowie zuletzt der breit rezipierte Roman 'Die Unerwünschte' (2019) erschienen.
Leseprobe
Und wieder 28. 7. 09 Magdalenenstraße als du auf der Intensivstation lagst Und wieder ein neuer Morgen ich liege allein in unserem Bett und wieder kein Wieder nur Wolken ziehen vor den Fenstern An der Alster Ich gehe gehe ruhlos gehe auf dem Rücken die Arme verschränkt God save us from ever ending Liebster nach deinem Tod Die Welt ist voll von dir wohin ich blicke wohin ich denke so voll von dir Ich wage nicht dir davon zu erzählen weil ich alles mit dir sehe mit dir teile neben mir das ist herrlich und zugleich ist es entsetzlich Ich kann deine Hand nicht halten dich nicht küssen nicht auf dich zulaufen in deine Arme nicht springen wir halten miteinander die Zeit nicht mehr an wir heben den Tod nicht mehr auf Was wir so lange konnten Auch 29. 7. 09 Magdalenenstraße Ich sagte dir als du mich fragtest ob ich auch morgen wiederkomme natürlich komme ich ich komme jeden Tag und immer und immer und immer das beruhigte dich Wir hielten uns an der Hand meinen kleinen Finger hast du gestreichelt und so nah waren wir verbunden Aber mein Herz ist in dieser Nacht stehengeblieben Liebe 2. 8. 09 Magdalenenstraße Den Motor abwürgen wie beim Auto könnte ich das dein Sohn versteht mich nicht findet überflüssig dass ich solange ich dich noch sehen darf dich sehen will und mit dir spreche in dem kahlen Raum und deine Hand die kalt ist halte Was sind drei elende Tage wenn ich Abschied von dir nehmen soll Deine letzte Flucht 8. 8. 09 / 11. 1. 10 Schmerzen besiegten schließlich deinen Willen und Erschöpfung Nicht hören wollte ich es nicht aus deinem Mund dass du dich so entferntest Hierbleiben wolltest du bei mir Es gab keine Wahl die wir hätten gewinnen können So gingst du in der Nacht des 30. Juli auf deine letzte Flucht nun vor den Ärzten den Maschinen Wohin floh ich frag ich dass ich bei deinem letzten Atemzug nicht bei dir war es nicht sein durfte zu spät der Anruf Ich küsste deinen Mund ich küsste deine Augen die geschlossen waren hielt deine warme Hand und sah dich an Friedliches den Anflug eines Lächelns las ich in deinen Zügen Besiegt 8. 8. 09 Magdalenenstraße Ich kann nicht mehr ich kann nicht mehr was soll ich tun ich sterbe diese Sätze aus deinem Mund Good night 8. 8. 09 Magdalenenstraße Good night, sweet prince nicht mehr und niemals mehr Good night, sweet prince: And flights of angels sing thee to thy rest Ab Morgen sitze ich auf dem Mäuerchen 22. 8. 09 Vecoli Die Arme wie abgefallen ich kann sie nicht mehr um dich legen Der Kopf hat keinen Platz an deinem Herzen Mein rechter Arm der dich um die Taille fasste die Treppe dir hinauf und dir hinunterhalf hat keinen Halt Meine Schwester wollte dass ich in der Früh ans Meer führ mit ihr schwämme Wie soll ich mit ihr schwimmen wenn ich keinen Körper habe In Vecoli 22. 8. 09 Ein erster Spaziergang allein zum Kirschbaum am Feldweg ins Tal von Fibbialla Alles so still nur meine Schritte auf dem Kies die großen Hunde schlagen nicht an hinter dem Zaun die Kirschen vertrocknet im Baum Als wir zuletzt dort gingen pflückte ich dir die süßen Früchte Unter dem Baum standen wir und spuckten die Kerne um die Wette aus Noch mehr
Schlagzeile
'ich habe meine Liebe übertragen/ in diesen Versen und dir dargebracht'