Beschreibung
Kurze Einführung ins Themenfeld der Smartphone-Storys Die Generation Z ist 2023 in aller Munde. Im Grunde ist es die Generation Smartphone. Geboren zwischen 1995 und 2010, kann sie sich kaum ein Leben vorstellen ohne Smartphone. Oder sich vorstellen, wie es früher war. In der Generation Golf etwa. Sie scheint so weit weg wie die Renaissance. Wie damals das Leben lief, erscheint tatsächlich jedem, der nicht dabei war, fremd. Wie war Leben damals überhaupt möglich? Telefonieren zum Beispiel. Brach man beim Drehen der ulkigen Wählscheiben ständig in Lachen aus? Fand man es appetitlich, speckige Telefonbücher durchzublättern, die sich in den gelben, roten oder grauen Häuschen mit einem Qua- dratmeter Stellfläche befanden, Telefonzelle geheißen, nur um letztlich festzustellen, dass die Seite mit dem richtigen Namen und der passenden Nummer herausgerissen war? Ein Elend. Von den mit Kaugummi verschlossenen Münzschlitzen im Telefonzellen-Wählscheibenapparat oder von den Münzen, die durch ihn immer lotrecht hindurchfielen, gnädig zu schweigen. Oder wie fühlte es sich an, einen Straßenplan einer Stadt auf einem Quadratmeter Papier, kleingefaltet, in der Tasche zu haben statt eines flachen Dings, in dem alle Stadtpläne aller Städte aller Welt drin sind? Und alle Flugpläne und alle Fahrpläne und alle Hoteldaten dazu. Grob unglaubwürdig scheint auch, dass man 1990 nie, auf einer Parkbank zum Beispiel in Castrop-Rauxel sitzend, blitzschnell Texte und Fotos und Grafiken austauschen konnte mit einem Menschen, der zeitgleich auf einer Parkbank in Narvik, Nordnorwegen, saß. So schnell kann es menschheitsgeschichtlich also gehen mit technischen Prozessen und Etappen, die zum schier Selbstverständlichen in der Grundausstattung des Lebens werden, ja die Qualität von Identität annehmen. Ein Buch mit Smartphone-Storys ist also kein Wunder. Das flache Wunderdings in der Tasche, meist permanent in der Hand, ist zu wichtig geworden. Es schwirren derartig viele Geschehnisse, Geschichten und Anekdoten rund um das Smartphone durch unsere Gesellschaft - von skurril über witzig über ärgerlich bis lebensgefährlich -, dass eine literarische Auseinandersetzung geradezu überfällig ist. Ehrlich gesagt - der Band hätte auch anders betitelt werden können, zum Beispiel so: Das Smartphone als zentrales digitales Werkzeug der zivilisatorischen Moderne. Das Werkzeug würde so zwar exakt benannt, richtig, es wäre jedoch ein Sachbuch geworden. Als didaktisches Buch der mentalen Gesundheitsvorsorge hätte das Buch auch diesen Titel tragen können: Der Einfluss des Smartphones auf Intelligenz, Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistungen. In diesem Falle wäre es ebenfalls ein Sachbuch geworden, in der thematischen Konzentration auf Kinder und Jugendliche sogar ein recht depressiv stimmendes. Und selbstverständlich, dritte Option, könnte es auch noch wie folgt reißerisch in großen Lettern auf dem Titel prangen: Deformierte Twitter-, Tiktok- und Facebook-Gehirne: Wie ständige digitale Mediennutzung das Denken verändert und die Demokratie gefährdet. Dies wäre das perfekte Buch für Kulturpessimisten, im Grunde sicher auch das erfolgreichste in der Vermarktung - wenn all die technikaffin intelligenten Kulturkritiker nicht gerade mit allen Fingern auf und allen Sinnen in ihren Smartphones wären. Was auf Umwegen vermittelt: Selbstverständlich war und ist das Smartphone ein digitaltechnischer Sprung vorwärts sondergleichen. Kommunikation, mediale Unterhaltung und jedwede Datenübertragung wurden in Schnelligkeit und Präzision revolutioniert. Kein anderes Adjektiv passt hier besser. Zudem wird die Welt geschrumpft: Das Smartphone ist das Werkzeug einer erfahrbaren Globalität, das alles in den Schatten stellt, was je dem Menschen so leicht und transportabel in Händen lag. Aber ebenso selbstverständlich ist, dass die Autoren in diesem Band nicht die affirmative Lobpreisung im Sinne hatten, keine Elogen zum Wunderphone verfassen wollten und konnten. Das wäre im besseren Falle langweilig und vorhersehbar, mündete im schlechteren Fall in kritiklose Verabsolutierung. Kulturkritik blickt halt gerne auf die Schatten, die ein neues helles Licht so wirft. Es ist im Grunde wie in der Medizin oder im Journalismus: Mediziner schauen nicht nach den Gesunden und Starken und Schönen, sondern nach den Geschädigten und Kranken - und nicht zuletzt dem Krankmachenden. Im Journalismus wird auch nicht gemeldet, dass auf der Kreuzung X in Y-Stadt tagelang keinerlei Zwischen- oder Unfälle zu verzeichnen waren. Der Journalist meldet den Unfall. Und fragt nach dem Warum. Sind wir als Autoren dieses Buches voreingenommen? Sind wir zu kritisch? Sehen wir das Smartphone zu einseitig? Vielleicht ist die Antwort ein Vergleich: Ähnlich würden die Autoren der Literaturgruppe POSEIDON nämlich auch über Automobile schreiben. Ja, unsere Autos. Deren Erfindung war schließlich ebenfalls eine Revolution, und auch sie verkürzte die Distanzen und schrumpfte, auf ihre Art, die Welt. Alltags- und kulturkritisch gesinnte Schriftsteller würden jedoch weniger Begeisterung regnen lassen über das Design, über Komfort, Antrieb und Schnelligkeit der Automobile, sondern sich dem Verbrauch von Ressourcen widmen, über Emissionen schreiben, über Bewegungsarmut und Verkehrstote, über den Flächenverbrauch von geparktem Blech auf Bürgersteigen - und damit ebenfalls wieder über die Schatten, die im Lichtkegel erst mal nicht zu sehen sind. Mit dem Titel Smartphone-Storys machen sich Literaten zwar über das technische Gerät her, sie schildern, beschreiben, debattieren und problematisieren jedoch auch all jene Phänomene, die Teile der Gesellschaft gerne pauschal als digitale Modernisierung bezeichnen. Der Begriff versachlicht die epochemachende Wandlung, die mit dem Zaubergerät des Smartphones weltweit vollzogen wurde und wird, als auch die damit angestoßenen, im historischen Vergleich gesehen gravierenden Veränderungen des politschen, gesellschaftlichen, kommunikativen und gesamten zivilisatorischen Prozesses. Weil Schnelligkeit ja so viel gilt: Schnelligkeit ist im Bereich der Digitalität zu einem bipolaren Begriff geworden, zu einem Sehnsuchts- und Schreckensbegriff in einem: Jeder Bürger möchte seinen schnellen Amtstermin oder Zahnarzttermin buchen und die Kinokarte sofort ausdrucken. Viele Jugendliche indes werden bereits psychisch auffällig oder krank vor Angst, in den sozialen Netzwerken des digitalen Lebensraumes irgendetwas zu verpassen. Es geht alles so schnell und es ist alles so scheinbar und gleichzeitig wichtig, dass das Gerät kaum weggelegt und schon gar nicht mal temporär ausgeschaltet werden kann. Süchtig nach dem Smartphone heißen daher Angebote von Drogenberatungsstellen in Deutschland. Das ist konsequent. Auch der religiös inspirierte Raum hat reagiert - mit angepassten neuen Angeboten in der Fastenzeit. Vor zwanzig Jahren wurde für den vierzigtägigen Zeitraum mit Verzichtsübungen zur Vorbereitung auf das Oster-Fest das sogenannte Auto-Fasten propagiert. Es hob das Fasten in technische Sphären. Inzwischen steht auch das Smartphone-Fasten auf dem Programm. Lustig wird es im Netz dann, wenn Smartphonitis, die Droge und Erkrankung, via Smartphone diagnostiziert, erklärt und behandelt wird. Ablenkungen aus dem Weg schaffen!, rät etwa eine Plattform, und zwar so: Wie viele Tabs hast du gerade offen? Unser Smartphone ist, egal bei welcher Beschäftigung, ständig parallel mit am Start. Das sind immens viele Eindrücke, die unser Gehirn verarbeiten muss. Die Folge: wir fühlen uns zerstreut und ausgelaugt. Nutze jetzt diese neue Smartphone-App, die dir hilft, weniger Zeit am Smartphone zu verbringen. Die App lehrt, die Momente zu identifizieren, in denen wir uns ans Smartphone hängen. In fünfminütigen Übungen werden wir dauerhaft in Impulskontrolle, Selbstreflektion, Achtsamkeit und Resilienz gestärkt. Eine wunderbare Idee. Es erinnert an die Idee des Teams um Greta Thunberg, die Klimaaktivistin nicht mit einem bösen Flugzeug, so...
Produktsicherheitsverordnung
Hersteller:
POP
t.pop@pop-verlag.com
Stuttgarter Str. 98
DE 71638 Ludwigsburg