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Der AGA-Wagen

Eine Automobil-Geschichte aus Berlin

Erschienen am 09.09.2011, 1. Auflage 2011
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783863680060
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 24 x 17 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Unser Beitrag zum Jubiläumsjahr 125 Jahre Automobil: Der AGA-Wagen ist die erste Monografie zu der Berliner Automobil-Fabrik AGA, die zwischen 1919 und 1929 in Berlin-Lichtenberg zwischen 8000 und 12 000 Fahrzeuge produzierte. Mit seiner umfassenden Geschichte des AGA-Wagens legt der Historiker und Journalist Kai-Uwe Merz eine automobilhistorische Darstellung vor, in der eigene Familiengeschichte vor zeithistorischem Hintergrund mit Unternehmens-, Wirtschafts-, Sozial-, Technik-, Verkehrs-, Rennsport-, Kultur- und Berlin-Geschichte zusammenfließt. So wird die Lektüre dieses Buchs über eine kaum bekannte Automobil-Marke zu einer einzigartigen Reise in die Zwanziger Jahre. Ausgezeichnet mit dem ADAC Motorwelt Autobuch Preis 2011

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Leseprobe

Der Verkäufer in der Filiale des AGA-Vertreters Karl A. Klein Unter den Linden/Ecke Friedrichstraße im Herzen Berlins hätte Ihre Frage, warum Sie ausgerechnet ein Auto von AGA kaufen sollten, ungefähr so beantwortet: 'Sie fahren einen starken Wagen, meistens von Ihnen allein besetzt. Haben Sie schon berechnet, welche Mehrausgaben Ihnen dieser starke Wagen gegenüber einem 6/20 PS Aga-Wagen verursacht?' Und dann hätte der Verkäufer Ihnen, ohne Ihre Antwort groß abzuwarten, auf den Kopf zu gesagt: 'Das sind unnütze Kosten! Sie haben es nicht nötig, einen stärkeren und so sehr viel teureren als 6-pferdigen Wagen zu fahren, denn der sparsame und höchste Leistungen verbürgende Aga schafft dasselbe.' Einer der Werbesprüche der Aktien-Gesellschaft für Automobilbau (AGA) lautete in den frühen 20er-Jahren: 'Der Aga-Wagen ist im armen Deutschland der Wagen des klugen Mannes, der Wagen der Gegenwart und Zukunft.' Ein Wagen der Vergangenheit ist der AGA im 21. Jahrhundert. Aber dieses unbekannte alte Auto aus Berlin-Lichtenberg hat eine spannende Geschichte, die mit interessanten Menschen verbunden ist: Der blinde schwedische Physik-Nobelpreisträger hat seinen Segen zur Produktion des AGA gegeben, nachdem der deutsche Staat im Ausgang des Ersten Weltkriegs eine erste Vorserie gebaut hatte. Aufträge von AGA gaben einem bis heute renommierten deutschen Karosseriebau-Unternehmen einen entscheidenden Innovationsschub, aber gleichzeitig war auch der größte damalige Karosseriebauer des Kontinents AGA-Zulieferer. Der reichste Mann Europas war Besitzer der AGA-Fabrik. Die erfolgreichste Rennfahrerin der 20er-Jahre hat auf AGA Siege errungen. Der Gedanke, erstmals im Automobil die Erde zu umrunden, entstand im AGA. Der bedeutendste deutsche Dichter des 20. Jahrhunderts träumte von einem AGA. AGA wurde am Exil-Hof des Kaisers gefahren. AGA war auf Sowjetrusslands erster Rallye siegreich. Der AGA-Konkurs war Staatsaffäre. Die erste Deutsche, die allein auf Dschungel-Expedition ging, fuhr AGA. Das Wrack eines AGA stand als Requisite mit zwei großen deutschen Schauspielern auf der Bühne. Der König von Schweden ist im AGA gefahren worden. Und mein Großvater Konrad hat AGA-Wagen verkauft. Sie sehen: In seiner Zeit ist der AGA-Wagen ganz und gar nicht unbekannt gewesen. Trotz allem. Trotz der Superlative. Trotz der großen Namen. Die AGA-Wagen aus Berlin sind vergessen. Nur noch Spezialisten wissen, dass es sie gegeben hat. Der Schwede Ebbe Almquist, der 30 Jahre in der Forschungsabteilung des AGA-Konzerns gearbeitet hat und eine umfassende Geschichte der industriellen Gase (2003) verfasst hat, publizierte 1990 in der Personalzeitung des Konzerns 'AGA Gasetten' einen vierseitigen, reich illustrierten Artikel über den AGA-Wagen, der aus der Kenntnis der Konzernüberlieferung heraus vor allem Aufschluss gibt über den Weg des Gas-Unternehmens zum Autobau. Der Papst unter den Berliner Automobilhistorikern, Ulrich Kubisch, hat auf knapp zwei Seiten das Substanziellste über die AGA-Wagen niedergeschrieben, was bisher in Deutschland vorliegt. Brauchbare Lexikonartikel (1985, 1989). Der Nestor des deutschen Automobil-Journalismus, Fritz B. Busch, hat sich einen AGA-Oldtimer aufgebaut und zwei kenntnisreiche, kluge, spritzige Artikel (1986, 1989) publiziert. Hans-Otto Neubauers Aufsatz (1978) ist kurz, kursorisch, oberflächlich. In diesen Hinsichten noch ausgeprägter ist Heinrich Augsburgers Text (1954). Solide die knappe Darstellung in Paul Gränz/Peter Kirchberg (1975) aus dem damaligen Ost-Berlin. David Hawtin hat in der britischen Zeitschrift 'The Automobile' schwerpunktmäßig die Restaurierungs-Geschichte einer auf der Insel beheimateten AGA-Limousine festgehalten (1990). Dieter Großblotekamp hat im Clubmagazin des Deutschen Automobil-Veteranen-Club e.V. ausgewählte Auszüge aus AGA-Firmenschriften aus dem Archiv des AGA-Besitzers Falk Gottwald dokumentiert (2010). Till Schauen setzte dem von Erich Vietze rekonstruierten AGA ein vor allem fotografisch bestechendes, sehr liebevolles publizistisches Denkmal in der Zeitschrift 'Auto & Motorrad Oldtimer' (2010). Ein paar Enthusiasten und ein paar Museen besitzen heute noch einzelne AGA-Wagen. Davon sind nur noch wenige fahrbereit. Von vermutlich höchstens 12??000, die in Berlin-Lichtenberg gebaut wurden, sind keine 25 mehr übrig. Wem ist schon bewusst, dass in Berlin Autos gebaut worden sind? Ganz sicher ist die Geschichte des AGA-Wagens ein wichtiges Stück Berliner Automobilgeschichte. Berlin als Autostadt. Ulrich Kubisch vom Deutschen Technikmuseum hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Stück Berliner Industriegeschichte zu sichern und festzuhalten. Ein richtiges Anliegen. Dieser Berliner AGA-Wagen ist ein erstaunlich internationales Automobil. Gebaut von einem schwedischen Unternehmen nach belgischem Muster in der deutschen Hauptstadt von Berliner Arbeitern. Bei Autorennen auf der Berliner Avus, auf Sizilien, in der Schweiz, auf dem Eis der Ostsee und des Wannsees, sogar in Japan und in Sowjetrussland am Start. Überall in Deutschland, in den Niederlanden, in Dänemark, Finnland, sogar auf den Ålandinseln, in Serbien und anderswo im Ausland gut verkäuflich, in Schweden in Lizenz produziert und sogar in Indonesien unterwegs. Zwischen 1919 und 1929 wurden die AGA-Wagen gebaut. Volks-Wagen sollten sie sein. Erschwinglich und zuverlässig. Sie sind vergessen, weil sie letzten Endes doch erfolglos waren. Die Unternehmen, die sie produzierten, sind als Automobilfirmen gescheitert. So wie das krisengeschüttelte Land, dessen Weimarer Republik untergegangen ist. Der Demokratie folgte die nationalsozialistische Diktatur. Der AGA ist eines der Vehikel der ersten deutschen Demokratie. Buchstäblich. Der AGAWagen war automobilhistorisch ein Vorbereiter, Vorläufer, Wegbereiter. Kein Vollender. In solcher Rolle wird man meistens rasch vergessen. Erst recht, wenn man alltäglicher Gebrauchswagen ist und oft als gewöhnliche Taxe durch eine hektische Metropole wie Berlin huscht. Der AGAWagen ist ein ganz normales Auto der 20erJahre. Unspektakulär. Ein Wagen des Übergangs zur Massenmotorisierung. Und in seiner Charakteristik liegt der Grund, dass die meist aufs Spektakuläre und auf Hochglanzabbildungen orientierte Gilde der AutomobilGeschichtsschreiber bisher kein eingehendes Interesse am AGA und anderen seiner einfachen Art aufgebracht hat. Frustrierender Tenor mancher Reaktion auf mein Sujet: Für das breite Publikum ist das Thema in seiner Anlage 'ein wenig zu speziell' und der Nachruhm des AGA 'nicht glamourös genug'. Autos können nicht sprechen. Mögen sie noch so alt sein. Es sind Menschen, die durch sie sprechen. Auch der AGA-Wagen ist eigentlich nur ein komplexes Werkstück aus Metall, Holz, Glas und Gummi. Dazu Wasser, Schmiere und Brennstoff, meist aus Erdöl. Die Menschen, ihre Pläne und ihre Träume, ihre Erfolge und ihr Scheitern erst geben einem Automobil seine Geschichte. Ich habe zusammengetragen, was ich gefunden habe. Wie in einem altmodischen Museum. Ein Raritätenkabinett. In dem man lesend spazieren gehen kann und sich hoffentlich belehrt, aber auch unterhalten fühlt. Und aus den Zeugnissen habe ich versucht, den AGA-Wagen zum Sprechen zu bringen. In der Sprache [und Schreibung] seiner Zeit. So soll dieses Buch sein. Der Text zeigt Spuren meines Fragens und meiner Recherchen. Darunter auch Spuren des Entdeckens der eigenen Stadt. Berlin ist der Ort der AGA-Wagen. Und sichtbar sind die Spuren des Entdeckens des eigenen Großvaters. Eines Berliners, der Mitte der 20er-Jahre bei der AGA Verkaufsdirektor gewesen ist. Sein Leben ist der AGA und dem Kraftfahrzeug verbunden. Nach dem Ende der Produktion der AGA-Wagen verkaufte er erst deren Ersatzteile, dann Teile anderer Marken. Und er war Inhaber seiner eigenen Firma 'AGA'. Wie später auch mein Vater. Das ist mein persönlicher, familiärer Ausgangspunkt. Und deshalb habe ich die Geschichte der AGA so erzählt, wie nur ich sie erzählen kann. Als Konrads Enkel. Das meiste, ...

Inhalt

Vorwort | Es muss nicht immer Auto sein Warum AGA? Ausstellungsstück ''Das Waldröschen'' Der AGA-Leuchtturm Der AGA-Nobelpreisträger Der AGA-Herd Erster Weltkrieg Die AGA-Fabrik in Lichtenberg Der erste AGA-Wagen Das versenkbare AGA-Verdeck ''Ein gutes Auto'' Der AGA ist Schwede Ist der AGA Belgier? Der AGA-Wagen Typ A Der Thulin-Wagen Automobilbau-AGA Technik des AGA-Wagens Ästhetik der AGA-Karosserie Der AGA von Karmann Der AGA von Lindner Die AGA-Übernahme durch Stinnes AGA bei der Avus-Premiere Der niederländische AGA-Graf Die AGA-Verkaufs-AG Urteile von AGA-Käufern AGA-Chef Edmund Stinnes AGA-Sieg bei den Sowjets AGA bei der Targa Florio ''Der beste deutsche Gebrauchswagen'' AGA und Reichswehr AGA-Fahrerin Clärenore Stinnes Das AGA-Vertriebsnetz 18-stellige AGA-Bilanzziffern Die Idee der Weltumrundung Böse Überraschung in Tiflis Die AGA-Krise kommt von außen Das wertlose AGA-Aktien-Geschenk AGA-Verträge waren mündlich AGA-Vertreter kaufen AGA-Wagen Die ''inflationistische'' Automobilindustrie Arsen 2 Zero 1 Zeus 2 Zona 1 Zambo Dr. Eimers Inkra kauft die AGA Der AGA-Wagen auf Expedition AGA-Singer und AGA-Spezial ''AGA'' Automobilersatzteilverkauf Konrad Merz Krause will Herr Direktor sagen Agastraße Aga-Bilanz Das Aussterben der AGA-Wagen AGA-Wagen als Oldtimer Vier AGA-wagen habe ich gesehen Der AGA und der König AGA-Fahrbericht Nachwort und Danksagungen Anhang

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