Beschreibung
Britische Kolonien, Massachusetts, 1763. Susanna ist die Tochter einer wohlhabenden Pfarrersfamilie, die in vornehmen Kreisen verkehrt. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und unterrichtet die Töchter armer Witwen. Doch ihr scharfer Verstand sehnt sich nach höherer Bildung, die ihr als Frau verwehrt blieb, und ihr Herz nach einem ebenbürtigen Gesprächspartner. Da wird ihr Benjamin vorgestellt, ein mittelloser Anwalt mit unkonventionellen Ansichten. Susanna gerät in höchste Gefahr, als sie seine heimlichen Aktivitäten gegen die britische Kolonialmacht unterstützt. Doch während die Vertrautheit zwischen ihnen wächst, scheint der Abgrund zwischen ihren Welten immer größer zu werden.
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Autorenportrait
Jody Hedlund lebt mit ihrem Mann, den sie als ihren größten Fan bezeichnet, in Michigan. Ihre 5 Kinder werden zu Hause unterrichtet. Die Zeit, die ihr neben dieser Tätigkeit noch bleibt, widmet sie dem Schreiben.
Leseprobe
Kapitel 1 Braintree, Massachusetts September 1763 "Das Gericht befindet den Angeklagten für schuldig", scholl die Stimme des Richters durch das Gemeindehaus. "Ich verurteile ihn hiermit wegen Mordes zum Tod am Galgen." Ein zustimmendes Murmeln durchbrach das angespannte Schweigen im Raum. Susanna Smiths Brustkorb zog sich vor Mitgefühl zusammen. Von ihrem Platz auf der Empore aus hatte sie einen guten Blick auf Einsiedlerkrebs-Joe und sah, dass sich seine Augen vor Überraschung weiteten und sich die wettergegerbte Haut auf seiner Stirn in Falten zog. Er mochte zwar ein Mörder sein, aber das hinderte sie nicht daran, Mitleid mit dem einsamen, alten Einsiedler zu haben. "Gott sei Dank", flüsterte Mary. "Jetzt können wir nachts endlich wieder in Frieden schlafen." Die Worte ihrer Schwester gaben ihre eigenen Gedanken und Sorgen wieder, die sie quälten, seit mehrere Farmer den geschundenen, leblosen Körper der jungen Frau am Felsenstrand der Bucht gefunden hatten. In den umliegenden Gemeinden war in der letzten Woche von nichts anderem gesprochen worden. Jetzt könnten sie endlich wieder ihr normales Leben weiterführen. Susanna faltete die Hände auf ihrem Schoß. "Wir müssen für seine arme, verlorene Seele beten." Aber noch während sie das sagte, wanderte ihr Blick zu Mr Benjamin Ross, der neben Einsiedlerkrebs-Joe auf der Bank saß und jetzt die Schultern hängen ließ. Mr Ross hatte ein eloquentes und leidenschaftliches Plädoyer für seinen Mandanten gehalten. Seine Verteidigung war tadellos gewesen und er hätte sie fast davon überzeugt, dass der alte Seemann unschuldig war. Fast. Aber außer Einsiedlerkrebs-Joe gab es in ihrer gesetzestreuen Gemeinde niemanden, der auch nur annähernd verdächtig sein könnte. Und es war zu beängstigend, auch nur den Gedanken zuzulassen, dass immer noch ein Mörder frei herumlaufen könnte, dass vielleicht einer der gottesfürchtigen Männer, die auf den Kirchenbänken unter ihr saßen, der Schuldige sein könnte. "Ich hoffe, die Hinrichtung geschieht noch heute und wir können diese furchtbare Sache schnell hinter uns bringen." Mary steckte eine goldene Locke, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte, unter ihre weite Hutkrempe zurück. Ihre normalerweise blassen Wangen waren durch die warme, stickige Luft, die über dem vollen, quadratischen Raum lag, gerötet. Das Schindelgebäude, das auch als Gottesdienstraum diente, platzte fast aus den Nähten. Obwohl alle drei Türen weit offen standen, konnte die kühle Luft des Septembernachmittags nicht in das Innere des Gemeindehauses von Braintree dringen, auch nicht auf die Empore, auf der die Frauen saßen. "Der arme, arme Joe", seufzte Großmutter Eve mit Tränen in ihren normalerweise fröhlichen Augen. Großmutter Eve hatte schon die ganze Zeit darauf beharrt, dass Joe unschuldig sei. Wenn Susanna es nicht besser wüsste, wäre sie versucht zu glauben, dass Großmutter Eve den Mann besser kannte, als sie zugeben wollte. Aber das war unmöglich. Einsiedlerkrebs-Joe, der gebeugte Schultern hatte und dessen lange Haare wirr über seinen gekrümmten Rücken hingen, hatte schon immer zurückgezogen von allen anderen in seiner baufälligen Hütte in der Nähe des Strandes gelebt. "Es tut mir leid, Großmutter." Susanna ergriff ihre Hand und drückte ihre kräftigen, dicken Finger. "Wir müssen nicht zur Hinrichtung bleiben. Wenn du lieber nach Hause fahren möchtest." "Euer Ehren, Richter Niles." Die kräftige Stimme von Mr Ross übertönte den hohen Geräuschpegel, der jetzt im Gemeindehaus eingekehrt war. "Ich bitte um die Begnadigung meines Mandanten." Der junge Anwalt stand auf. Sein Gesicht war gerötet und Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn unter der grauen Perücke, die er wie die meisten anderen Männer zu einem Zopf gebunden hatte. Der Richter, der gerade mit dem Stadtamtmann und dem Wachtmeister gesprochen hatte - wahrscheinlich, um Vorkehrungen für die Hinrichtung zu treffen -, sah Mr Ross mit gerunzelter Stirn an und forderte dann mit erhobener Hand alle Anwesen