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Selbst ist die Frau!

Erschienen am 15.05.2017
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783868276626
Sprache: Deutsch
Umfang: 326 S.
Format (T/L/B): 2.8 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Texas, 1894: Die lebensfrohe junge Bankerin Emma leitet eine Kleinstadt, in der Frauen Zuflucht finden, mit denen es das Leben nicht gut gemeint hat. Doch die Unabhängigkeit der Frauen und die Zukunft von 'Harpers Station' gerät unter Beschuss: Banditen versuchen, die Gemeinschaft zu vertreiben. Da greift Emma zu ihrer Geheimwaffe, dem Sprengstoffexperten Malachi, dem sie als Kind einst das Leben rettete. Dieser nimmt einen weiten Weg und viele Gefahren auf sich, um dem Engel seiner Kindheit zu helfen und die Frauenkolonie zu schützen. Während sie gemeinsam für das Gute kämpfen, fühlen Emma und Malachi sich mehr und mehr zueinander hingezogen. Doch die Welten, in denen sie leben, scheinen einfach zu verschieden zu sein

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Autorenportrait

Karen Witemeyer liebt historische Romane mit Happy End-Garantie und einem überzeugenden Bezug zum christlichen Glauben. Nach dem Studium der Psychologie begann sie mit dem Schreiben. Zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Texas.

Leseprobe

Prolog Winter 1882, Cooke County, Texas Malachi Shaw schaffte den beschwerlichen Weg zurück aus der Bewusstlosigkeit nur mit allergrößter Anstrengung. Doch bisher hatte alles, was Mal, wie er genannt wurde, in seinen dreizehn Lebensjahren erreicht hatte, größte Anstrengungen verlangt. Und dabei hatte er noch nicht einmal etwas Nennenswertes vorzuweisen. Er war verwaist. Halb verhungert. Und er fror. Das spürten seine Sinne als Allererstes. Die Kälte. Und nicht die bekannte Kälte, die man fühlte, wenn man sich während einer Kältewelle in einem viel zu dünnen Mantel unter der Saloon-Treppe versteckte. Nein. Um ihn herum herrschte eine Kälte, die regelrecht brannte. Doch das ergab überhaupt keinen Sinn. Mit einem Stöhnen hob Mal den Kopf und versuchte, seine Arme unter sich zu ziehen, um sich hochzustemmen. In diesem Augenblick traf ihn erst die volle Wucht seiner Schmerzen. Die Schulter pochte, die Rippen brannten und sein Kopf fühlte sich an, als sei er mit einem Zug kollidiert. Ach richtig das war er ja auch. Bruchstückhafte Erinnerungen wirbelten durch seinen Kopf, während er langsam aus der Schneewehe kroch, die seinen Sturz aufgefangen haben musste. Er war auf den Zug aufgesprungen wie schon ein Dutzend Mal zuvor, seit sein Trunkenbold von einem Vater es geschafft hatte, sich umbringen zu lassen - von einem Fuhrwerk überrollt, als er die Straße überqueren wollte. Der Alte war sowieso zu nichts zu gebrauchen gewesen. Hatte seinen Sohn in Mülleimern nach Essensresten suchen lassen, während er selbst jede noch so kleine Münze in Whiskey umgesetzt hatte. Doch immerhin hatte er ihnen ein Dach über dem Kopf besorgt - ein heruntergekommenes, undichtes Dach, das auf zwei baufällige Wände gesetzt war, die nicht einmal den Wind abhalten konnten - aber immerhin ein Dach. An dem Morgen, nachdem sein Vater beerdigt worden war, hatte die Frau, der die Hütte gehörte, Mal vor die Tür gesetzt. Sie hatte ihm kaum Zeit gelassen, seinen Sack zu holen, in dem er die wenigen Habseligkeiten aufbewahrte, die er besaß. Doch als er sich hektisch umgeschaut hatte, war der Sack nirgends zu finden gewesen. Nein! Er schlug mit der Faust auf den gefrorenen Grund neben sich und sank in sich zusammen. Was hatte er erwartet? Dass Gott sich plötzlich seiner Existenz erinnern und einen Finger krümmen würde, um ihm zu helfen? Ha! Nichts da! Der Große Mann hatte sich noch nie um ihn geschert. Warum sollte er plötzlich damit anfangen? Es war doch viel bequemer, sich dort oben im Himmel zurückzulehnen und sich darüber zu amüsieren, wie der arme Malachi Shaw sich durchs Leben kämpfte. Er hatte ihm die Mutter so früh genommen, dass Mal sich nicht einmal daran erinnern konnte, wie sie ausgesehen hatte. Hatte ihm einen Vater gegeben, der sich mehr für den nächsten Drink als für sein eigen Fleisch und Blut interessierte. Und dann hatte er ihm auch noch diesen Menschen weggenommen. Jetzt stand er alleine da. Ohne Zuhause. Niemand wollte ihm Arbeit geben. Ihm blieb nichts anderes übrig, als heimlich, als blinder Passagier, mit dem Zug zu reisen und nach einem Ort zu suchen, an dem er eine faire Chance bekommen würde. Und was hatte ihm das bisher gebracht? Einen Zusammenstoß mit einer Bande von Vagabunden, denen es gar nicht gefallen hatte, dass er in ihr Territorium eingedrungen war. Mal fasste sich vorsichtig an die schmerzende Beule auf seiner Stirn. Es waren vier gewesen. Alle doppelt so groß wie er. Und jeder war einmal an der Reihe gewesen zuzuschlagen. Bis der vierte Kerl Mals Kopf gegen den stählernen Türrahmen gedonnert hatte. An das, was danach gekommen war, hatte Malachi keine Erinnerung mehr. Offensichtlich war er von den Vagabunden aus dem Zug geworfen worden. Er konnte die Gleise oben auf der Böschung kaum ausmachen. Zu schade, dass Gott die Sache nicht endlich beendet hatte. Hätte Mal sich nicht einfach den Hals brechen können? Aber nein, wo bliebe denn da der Spaß, den Gott sich offensichtlich mit ihm machte? Du willst dich wohl noch länger über mich lustig machen? Er funkelte den dunkelgrauen Himmel, der bald ganz in Schwarz versinken würde, böse an. Dass es dir und den Engeln da oben bloß nicht langweilig wird! Mal klopfte sich den Schnee aus den Haaren und von den Armen und kämpfte sich auf die Füße. Er schlug sich auch auf die Hose, um den weißen Staub loszuwerden, und biss die Zähne zusammen. Seine Finger brannten, als hätte er sie in eine offene Flamme gehalten. Seine Ohren und die Nase stachen ebenfalls. Seine Füße konnte er nicht einmal mehr spüren. Das war gar nicht gut. Er stampfte ein paarmal auf und legte die Hände an den Mund, um hineinzuhauchen. Es brachte allerdings nicht viel. Das Einzige, was ihn davor bewahren konnte, zu einem menschlichen Eisklotz zu werden, war ein Unterschlupf. Ein Feuer. Und ein Mantel. Das dicke Flanellhemd, das er aus der Armenkiste der Kirche hatte, tat nichts, um den schneidenden Wind abzuhalten. Und jetzt, wo es vom Schnee durchnässt war, entzog es ihm eher die Wärme, als dass es ihn schützte. Immerhin hatte er keine Löcher in den Schuhen. Die Sohlen waren dünn, aber unversehrt. Wenn er die guten Dinge aufzählen sollte, die ihm in seinem Leben widerfahren waren, dann konnte er immerhin den Prediger nennen, der sie ihm gegeben hatte. Das war vermutlich besser als nichts. Wenn diese Mistkerle ihm nur seinen Beutel gelassen hätten! Dann wäre er jetzt noch im Besitz von trockener Kleidung, Essen und einem Feuerstein. Hör auf zu jammern, murmelte er sich selber zu. Das wird deinen Magen nicht füllen. Wenn du dich aufwärmen willst, tu etwas dafür. Malachi reckte seine Schultern und hob den Kopf, um sich umzuschauen. Er suchte nach einem Gebäude irgendwo in der Nähe. Am besten eine Scheune, wo Tiere die Luft erwärmten. Doch er sah nichts. Nichts als schneebedeckte Prärie, aus der hier und da weiß gefärbte Bäume hervorstachen. Was hatte er auch erwartet? Dass eine geschlossene Kutsche mit einem dieser vornehmen Lenker vorfahren würde, um ihn zu fragen, wohin er reisen wolle? In diesem Moment stellte Mal sich vor, wie er zu ihm sagen würde: Bringen Sie mich zur nächsten Scheune, guter Mann. Und schonen Sie bloß nicht die Pferde. Mit einem Schnauben schlug Mal den Kragen seines Hemdes hoch, schob die Hände in die Hosentaschen und fing an, nach Osten zu trotten. Gainesville konnte nicht weit weg sein. Dort war ihm die brillante Idee gekommen, von hinten auf den dritten Zugwaggon aufzuspringen. Das war nicht gerade seine beste Entscheidung gewesen. Die Kerle, die den Waggon schon belegt hatten, waren sofort auf ihn losgegangen. Der Zug konnte also keine weite Strecke zurückgelegt haben, bis sie ihn rausgeschmissen hatten. Bestimmt würde es eine Farm oder Ranch in der Nähe geben, wo er sich ein oder zwei Nächte in der Scheune verstecken konnte. Er musste es nur schaffen, sie zu erreichen, bevor die Nacht anbrach und man nicht mehr die Hand vor den Augen sehen konnte. Zu dem Zeitpunkt, als Mal die ersten Gebäude erreichte, zitterte er so stark, dass er kaum noch das Gleichgewicht halten konnte. Der Wind, der aus Norden heranbrauste, warf ihn immer wieder aus der Bahn. Doch immerhin, es schneite es nicht! Der Prediger wäre stolz auf ihn. Er hatte gerade die Liste der guten Dinge, die ihm bisher in seinem Leben widerfahren waren, verdoppelt. Mal kicherte, doch der Laut wandelte sich in ein Husten. Eines, das seine Brust schmerzen ließ. Er krümmte die Schultern, zog den Kopf ein und drehte sich voll in den Wind. Er stakste über ein Feld, um den Weg zur Scheune abzukürzen. Licht schimmerte aus dem Haus, das etwas entfernt stand. Rauch, ebenfalls ein Spielball des Windes wie er, wurde im scharfen Winkel aus dem Schornstein geblasen. Normalerweise vermied Mal es, in die Nähe von Menschen zu kommen. Doch in diesem Fall war ihm zu kalt, um sich nach einem besseren Unterschlupf umzuschauen. Wenn er sich einfach ins Heu betten und aufwärmen könnte, wäre er wieder verschwunden, bevor die Besitzer am Morgen aufwachten. Plötzlich dankbar für ...