Beschreibung
Die Geschichte vom kleinen Baumeister, den ehrgeizigen Babyloniern und der Weisheit der Kinder. Alles beginnt mit einem weißen Schal. Der soll den kleinen Tischler Nujut nach dem Wunsch seiner Frau Abadalli zum größten Baumeister aller Zeiten küren. Die Babylonier, die noch in Zelten wohnen, sind beeindruckt: mit einem Turm an die Macht Gottes gelangen! Nur Schallala, ein kleines Mädchen, ist skeptisch und singt weiter ihre Lieder, während um sie herum alles hektisch baut. Als die Baustelle so perfekt durchorganisiert ist, dass zig kleine Einheiten schuften und schippen, aber nicht mehr mitkriegen, was die Kollegen weiter oben machen, fällt das Gerüst. Die Babylonier fliehen in alle Himmelsrichtungen. Als nach vielen einsamen Jahren auch der Turm still in sich zusammensackt, eine Wiese an seiner Stelle Schafe nährt, die wiederum Wolle für schöne weiße Schals geben, schließt sich der Kreis: Schallala, das weise Kind, hat recht behalten. Nach Wladimir Kaminers "Das Leben ist kein Joghurt" und Claudia Kleinerts "Auf der Arche ist der Jaguar Vegetarier" ist "Der Wurm am Turm" der dritte Band in der Kinderbuchreihe mit Geschichten aus dem Alten Testament.
Autorenportrait
Thomas Brussig, geboren 1964, Schriftsteller, Drehbuchautor, bekannt vor allem durch "Am kürzeren Ende der Sonnenallee" und "Helden wie wir", mehrfach ausgezeichnet. "Der Wurm amTurm" ist sein erstes Kinderbuch. Die Arbeiten der Berliner Künstlerin Kitty Kahane sind mehrfach ausgezeichnet worden. Für die edition chrismon illustrierte sie das Buch "You'll never walk alone" und bereits zwei Bände der Kinderbuchreihe zum Alten Testament: "Das Leben ist kein Joghurt" von Wladimir Kaminer (2010) und "Auf der Arche ist der Jaguar Vegetarier" von Claudia Kleinert und Anne Buhrfeind (2010). Letzteres hat die Stiftung Buchkunst zu einem der schönsten Bücher 2010 gekürt.
Leseprobe
Jeden Abend, wenn es dunkel war, ging Schallala auf das Gerüst des Turmes. Der Wurm wurde jeden Tag ein bisschen länger, und Schallala musste jeden Tag etwas höher gehen, und deshalb geriet sie jeden Tag etwas mehr außer Atem. Aber wenn sie am Ende des Gerüstes am höchsten Punkt angelangt war, setzte sie sich auf die Kante des Gerüstes und ließ die Beine in die Tiefe baumeln. Sie schaute in den Sternenhimmel und schaute in die Weite des Landes im Osten. Zu ihren Füßen lag Babylon, wo die meisten Menschen noch in Zelten lebten, vor denen Feuer flackerten, die Licht und Wärme spendeten und über denen das Essen zubereitet wurde. Kein Haus war mehr gebaut worden, seitdem der große Turmbau begonnen hatte. Schallala wünschte sich, die Menschen bekämen Häuser, wo sie in ihrer Küche ein Feuer im Herd entfachen könnten und aus den Fenstern Kerzenschein käme. Aber alle Babylonier waren von ihrem Turmbau geradezu besessen und folgten diesem doofen Nujut mit seinem weißen Angeberschal! Wenn Schallala nach einer Weile Dasitzen Atem geschöpft hatte, sang sie mit ihrer schönen Stimme die Lieder Babylons. Sie benutzte noch die echte Sprache, die noch nicht durch Abkürzungen und Gehetze verhunzt war.