Beschreibung
Oskar Negt hatte unter dem Titel 'Philosophie und Gesellschaft' im Wintersemester 1974/75 an der Universität Hannover einen großen Vorlesungszyklus begonnen. Er wollte darin eine neue Interpretation des Marxismus als epochaler Theorie in praktischer Absicht entwickeln. Ausgangspunkt dieses Unternehmens war die Auseinandersetzung mit seinen philosophischen Quellen: eine Vorlesung zu Kant bildete den Anfang, worauf eine weitere zur dialektischen Philosophie Hegels folgte. Am Ende beschlichen Negt jedoch Zweifel am eigenen Vorhaben und gaben Ausschlag dafür, die Pläne zu verändern. Ins Zentrum rückte Negt nun anstelle von Kant, Hegel, Marx und Freud die verschiedenen deutschen Ver- arbeitungsformen der französischen Revolution, in der Philosophie wie in der Literatur. Zwei Autoren standen dabei für ihn, neben allgemeinen Reflexionen zu Politik und Ästhetik, im Mittelpunkt des Interesses - Novalis und E. T. A. Hoffmann. Sie brachten die Unterseite der menschlichen Existenz ins Bewusstsein: Gebrochenheit, Zweifel und Sinnfragen, die auch als eine Verarbeitung politischer Verhältnisse verstanden werden können. Vielleicht ging es Negt auch um eine Politisierung der Romantik, in jedem Fall aber um eine politische Neubewertung der Epoche.
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Autorenportrait
Oskar Negt, geboren 1934, gilt als einer der bedeutendsten Sozialwissenschaftler Deutschlands. Er studierte bei Max Horkheimer und promovierte bei Theodor W. Adorno in Philosophie. Zusätzlich legte er sein Diplom in Soziologie ab. 1962 bis 1970 arbeitete er als Assistent von Jürgen Habermas. 1970 bis 2002 war Negt Professor für Soziologie in Hannover. Seine Schriften erschienen 2016 zusammengefasst in einer zwanzigbändigen Werkausgabe im Steidl Verlag. 2011 wurde Oskar Negt für sein politisches Engagement mit dem August-Bebel-Preis geehrt.