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Gute Beziehungen nach unten

Roman, Almosen fürs Vergessen 5

Erschienen am 21.03.2022
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783961600113
Sprache: Deutsch
Umfang: 304 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21 x 13.2 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Während manch einer sich an der Côte dAzur oder in Venedig auf den sonnigen Promenaden dahintreiben lässt und an den Spieltischen das Glück herausfordert, rumort es im heimischen London in der Konservativen Partei: Der Parlamentssitz für Bishops Cross soll 1959 neu vergeben werden, und die beiden jungen Konkurrenten könnten unterschiedlicher nicht sein. Es herrscht alles andere als Einigkeit, und Sir Edwin Turbot, politisches Urgestein der Konservativen, hat zudem den ebenso raubeinigen und trinkfreudigen wie hochadeligen Parteifreund Marquis Canteloupe in Schach zu halten, der auf seine alten Tage revolutionäre Schrullen entwickelt und in staatlich subventionierte Erholung für alle zu investieren gedenkt. Damit nicht genug, steht Turbot ein gesellschaftliches Großereignis, die Hochzeit seiner Tochter ins Haus unpassenderweise mit einem linksintellektuellen Bestsellerautor, der weder von standesgemäßer Herkunft noch besonders wohlerzogen ist. Als dann auch noch ein kompromittierender Brief auftaucht, der die wahre Rolle der Regie- rung in der kürzlich erst ausgestandenen Sueskrise enthüllt, ist jegliche Gediegenheit dahin, und es beginnt eine wilde Jagd.

Autorenportrait

Simon Raven (1927-2001) besuchte als Spross einer Strumpffabrikantenfamilie die elitäre Charterhouse School, von der er 1945 wegen homosexueller Handlungen relegiert wurde. Unter seinen Mitschülern waren u. a. James Prior (später Minister im Kabinett von Margaret Thatcher) sowie der spätere Herausgeber der Times, William Rees-Mogg (dessen Sohn Jacob heute dem Kabinett von Boris Johnson angehört). Beide hat er in der Romanreihe Almosen fürs Vergessen literarisch verewigt. Nach seinem Militärdienst, den Raven als Offiziersanwärter in Indien ableistete, studierte er ab 1948 am Kings College in Cambridge Altphilologie. Er wurde Vater eines Sohnes und heiratete widerwillig. In finanzielle Schwierigkeiten geraten, trat er erneut in die Armee ein, wurde in Deutschland und in Kenia stationiert, quittierte den Dienst aber schließlich, um eine unehrenhafte Entlassung wegen Wettschulden abzuwenden. Fortan widmete er sich der Schriftstellerei und arbeitete als Literaturkritiker, bis ihn der Verleger Anthony Blond 1958 unter der Bedingung, mindestens 50 Meilen von Londons Vergnügungsstätten entfernt zu wohnen, unter Vertrag nahm ein Arrangement, das drei Jahrzehnte währen sollte. Ein ausschweifender Lebenswandel, kühne Meinungen, seine offen ausgelebte Bisexualität und die Tatsache, dass er das Material für seine Bücher aus dem unmittelbaren Freundeskreis gewann und mit freizügigen Sexszenen und scharfzüngigen Urteilen über die Gesellschaft kombinierte, verschafften ihm einen Ruf als Schandmaul unter den englischen Nachkriegsautoren. Zeitgenossen schmähten ihn als Verfasser des wohl schmutzigsten Cricketbuchs aller Zeiten, und sein Roman Fielding Gray verdiene eigentlich den Namen Brideshead Revilified. Zur gleichen Zeit wurde er von namhaften Kollegen wie etwa Anthony Powell nicht nur als Literaturkritiker, sondern auch als Literat geschätzt. Sein 10-bändiger Romanzyklus Alms for Oblivion (1964-1976) wird heute mit dem Werk von Lawrence Durrell, Graham Greene, Anthony Powell und Evelyn Waugh verglichen und Raven als einer der brillantesten Romanciers seiner Generation bewertet (Patrick Newley). Einem größeren Publikum bekannt geworden war Raven allerdings zunächst durch Arbeiten fürs Fernsehen, wie die Verfilmung von Trollopes The Pallisers (1974) und die Serie Edward and Mrs. Simpson (1978), sowie die Mitarbeit am Drehbuch für den James-Bond-Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät (1969). Dem Vorwurf, ein Snob zu sein, begegnete er mit dem Hinweis, er schreibe für Leute, die sind wie ich: gebildet, weltgewandt und skeptisch.

Leseprobe

Ein lautes Klopfen war zu hören, und es wurde um Ruhe gebeten. Stern wurde blass. Obwohl er als Redner seine Sache bei solchen Gelegenheiten immer ganz wunderbar machte, hatte er vorher jedes Mal schreckliches Nervenflattern. Alfie Schroeder rülpste vernehmlich. SSSCH!, machten alle. Sir Edwin begann von einem Stuhl herab zu sprechen. Seine Stimme hatte keinen besonderen Klang, war ohne Wärme und unentschlossen, wie das dünne, fahle Murmeln (dachte Fielding), mit dem die Geister der Helden von den Ufern der Hölle aus Odysseus gegrüßt hatten. Ich muss etwas bekanntgeben, sagte Sir Edwin. Das Haus brennt. Wer möchte, kann durch die Tür auf die Terrasse hinausgelangen. Er zeigte auf den betreffenden Ausgang, kam vom Stuhl herunter und begann ein Gespräch mit einer Dame mit einem riesigen gelben Hut, als wäre nichts geschehen. Das ist ja mal eine hübsche Überraschung, sagte Tessie, auf Toms Hochzeitsfest. Aber weder sie noch sonst jemand machte Anstalten, den Raum zu verlassen. Abgesehen von einem kurzen, fast gänzlichen Verstummen des Geplauders, während die Leute sich zu erinnern versuchten, worüber sie eben noch gesprochen hatten, um den Faden wieder aufzunehmen, ging alles« weiter wie zuvor. Es schien allgemeines Einverständnis darüber zu herrschen, dass man die Unterbrechung durch Sir Edwin ignorieren konnte.