Beschreibung
Niederlande 1942: Eliese und Josie waren beste Freundinnen, doch das Leben hat sie getrennte Wege geführt. Nun stehen sie sich plötzlich wieder gegenüber: Eliese arbeitet inzwischen als Registrierungskraft in der Hollandschen Schouwburg, einem Amsterdamer Theater, das zur Sammelstelle für Juden umfunktioniert worden ist, Josie im gegenüberliegenden Kinderheim. Gemeinsam schmieden sie einen waghalsigen Rettungsplan. 75 Jahre später: Ava Drake reist als Direktorin der gemeinnützigen Kingston-Stiftung nach Uganda. Dort will sie den Förderantrag von Landon West prüfen. Existieren seine Kaffeeplantage und das angeschlossene Kinderheim tatsächlich? Als sich unerwartet eine Verbindung zwischen der Familiengeschichte von Landon und ihrer eigenen auftut und Ava zu recherchieren beginnt, stößt sie in ein Wespennest aus Lügen, Betrug und Habgier. Und sie begegnet Landons Großmutter, einer zierlichen alten Dame mit einer unglaublichen Geschichte.
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Stefan Jäger
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Autorenportrait
Melanie Dobson hat Journalismus und Kommunikation studiert und war als Werbeleiterin tätig, bevor sie sich mehr und mehr dem Schreiben widmete. Eine besondere Vorliebe hat sie für Bücher, in denen Geschichte und Gegenwart miteinander verknüpft werden. Mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern lebt sie in der Nähe von Portland, Oregon.
Leseprobe
1. Kapitel JOSIE Giethoorn, Niederlande Juni 1933 Blütenblätter klebten wie nasse Seidenstückchen an Josies Zehen, während sie tief gebückt am Dorfkanal entlangschlich. Klaas Schoght konnte den ganzen Nachmittag suchen, wenn er wollte. Solange sie und ihr Bruder ihren Plan befolgten, würde er weder sie noch die rot-weiß-blaue Flagge, die sie um jeden Preis beschützen wollten, je finden. Klaas' Haar, das wie goldener Frost schimmerte, bewegte sich auf der anderen Seite des Kanals über der sauber geschnittenen Hecke im Garten seiner Familie auf und nieder. Sie verfolgte die von der Sonne beschienenen Haarspitzen mit den Augen, während Klaas die Hecke durchkämmte und dann zwischen zwei Stechkähne spähte, die an einen Pfahl gebunden waren, bevor er sich zur Holzbrücke umdrehte. In Giethoorn gab es keine Straßen, nur schmale Fußwege und Kanäle, die die schachbrettartig angeordneten Grundstücke miteinander verbanden. Die meisten Dorfkinder verbrachten ihre freie Zeit mit Schwimmen, Bootfahren und im Winter mit Eislaufen auf den Wasserstraßen, aber ihr Bruder begeisterte sich mehr für dieses Widerstandsspiel an Land. 'Jozefien?', rief Klaas, während er über die Brücke auf die kleine Insel zusteuerte, auf der ihre eigene und eine Nachbarsfamilie wohnten. Sie bückte sich zwischen den wachsartigen Blättern der Hortensien ihrer Mutter, deren Blüten ihre hellrosa und magentaroten Blütenblätter in eine Slootje - eine der vielen schmalen Wasseradern, die die Inseln zusammenhielten - streuten. Ihr Bruder hatte sie gelehrt, wie man sich in den Dorfgärten und hinter Bäumen und Holzstößen gut verstecken konnte. Sogar auf Dächern. Sie hatte viele Geheimplätze und könnte, wenn nötig, für Stunden untertauchen. 'Samuel?', rief Klaas jetzt, aber Josies Bruder gab ihm ebenfalls keine Antwort. Alle Kinder hörten in der Schule von den Geuzen - den holländischen Widerstandskämpfern, die im Achtzigjährigen Krieg ihre Unabhängigkeit von Spanien erkämpft hatten. Ihr Bruder war ein Meister des Versteckens, als wäre er eines der heimlichen Geuzenmitglieder, die vor Jahrhunderten für die Freiheit ihres Landes gekämpft hatten. In ihrem Spiel mit Klaas durfte weder Samuel noch sie selbst gefangen werden, bevor ihr Bruder die holländische Flagge an die Haustür der Schoghts gehängt hatte. Klaas war es egal, in welchem Team er spielte, Hauptsache, er gewann. Zwischen den Blumen und Blättern hindurch sah Josie Samuels Hosenbeine oben im Kastanienbaum verschwinden. Ihre gemeinsam ausgeklügelte Taktik war gut. Jetzt musste sie sich nur noch verstecken, bis ihr Bruder ihr signalisierte, dass sie lossprinten konnte. Das Entscheidende im Widerstand gegen den Feind war nicht der Kampf, bläute ihr Samuel immer wieder ein, sondern das Warten. Klaas hasste es zu warten. Der Junge trug einen schwarzen Umhang über seiner Pfadfinderuniform, aber sie konnte die weißen Ringe oben an seinen Kniestrümpfen sehen, als er eines der Boote ihrer Familie absuchte. An diesem Nachmittag war er nicht Klaas Schoght, stolzer Pfadfinder und Sohn ihres Dorfarztes. An diesem Nachmittag war er Fernando Álvarez de Toledo, der spanische Statthalter über die Niederlande, der versuchte, die holländischen Widerstandskämpfer zu besiegen und ihre Flagge aus dem Stoff eines alten Kleides ihrer Mutter zu erobern, das zum Glück zu fadenscheinig gewesen war, als dass sie es für ihre einzige Tochter hätte umnähen können. Josie lief viel lieber in den langen Shorts und Blusen herum, die ihr ihre Mutter im Sommer widerstrebend zugestand, damit ihre Kleider geschont wurden. Noch lieber trug sie die braune Pfadfinderinnenuniform, die sie heute anhatte - ein hellbraunes Kleid, das bis über ihre Knie reichte. Die gestrickte Mütze und ihre braunen Schuhe und langen Strümpfe hatte sie zu Hause gelassen. Sie hatten die Regeln für dieses Spiel zu dritt aufgestellt. Sie und ihr Bruder waren darin sie selbst - Josie und Samuel van Rees, die Kinder eines Lehrers und einer Hausfrau, die manchmal in d