Beschreibung
Murphy Shepherd ist ein Mann voller Geheimnisse. Er lebt auf einer kleinen Insel an der Küste Floridas, allein mit Zitrusbäumen, Rosenstöcken und einer verlassenen alten Kapelle. Eines Tages rettet er eine verletzte Frau namens Summer aus den Fluten der Wasserstraße und von da an ist nichts mehr, wie es war. Er unterstützt sie bei ihrer verzweifelten Suche nach ihrer spurlos verschwundenen Tochter. Dabei fühlt er sich nicht nur immer mehr zu Summer hingezogen, sondern gerät auch in den Strudel dunkler Machenschaften von Mädchenhändlern, die entlang der Ostküste agieren.
Autorenportrait
Charles Martin ist New York Times-Bestsellerautor und hat bereits zwölf Romane verfasst. Er lebt mit seiner Frau Christy in Jacksonville in Florida.
Leseprobe
VORSPANN In der Ferne stieg eine Rauchsäule auf. Dick und schwarz quollen die Wolken aus den zwei Turbodieseln im Motorenraum. Orangerot schlugen die Flammen vor dem immer dunkler werdenden blauen Horizont nach oben und verrieten mir, dass das Feuer um sich griff. Wenn die Hitze die Tanks erreichte, würden sie die millionenschwere Jacht in tausend Stücke reißen und die Einzelteile auf den Grund des Meeres schleudern. Ich drehte das Steuerrad meines Konsolenboots hart nach Steuerbord und rammte den Gashebel nach vorn. Der Wind hatte aufgefrischt. Die knapp einen Meter hohen Wellen trugen weiße Wellenkämme. Ich fuhr die Trimmklappen nach unten, um das Heck höher aus dem Wasser zu bringen, und der Boston Whaler schoss auf das sinkende Schiff zu. Nach weniger als drei Minuten erreichte ich mein Ziel. Die 75-Meter-Jacht 'Gone to Market' hatte Schlagseite nach Lee und trieb im Wasser. Gut hundert Einschusslöcher im Hinterschiff erklärten, wieso sie Ruder und Motor verloren hatte. Und wieso es an Deck brannte. Sie sagten mir aber auch, dass Fingers es an Bord geschafft hatte. Wellen schlugen über dem Bug zusammen. Wasser drang in die Kombüse und Gästequartiere ein. Das Heck stand bereits in der Luft, der Bug füllte sich mit Wasser und die Bugspitze deutete gefährlich tief in Richtung Atlantikboden. Ob nun durch die Explosion oder das eindringende Wasser verursacht, die 'Gone to Market' war kurz vorm Untergang. Ich fuhr mit dem Whaler ans Heck und legte an der Badeplattform an. Dann warf ich eine Leine vom Bug locker über einen Handlauf und sprang aufs Hauptdeck, wo ich in der Lounge auf drei Leichen mit mehreren Einschusswunden stieß. Ich stieg die Wendeltreppe zum Brückendeck hinauf. Zwei weitere Leichen lagen dort. Keine Spur von Fingers. Ich trat die Tür zum Schiffsbüro auf, stolperte über eine weitere Leiche und rannte zur Brücke, wo mich eine Welle salzigen Wassers überraschte, die durch die zerborstene Frontscheibe krachte. Wer hier gewesen war, den hatten die Wellen schon hinausgespült. Ich stieg zum Oberdeck und stürzte in die Lounge. Victors Frau lag unnatürlich verrenkt auf dem Boden. Sie wies drei Schusswunden auf. Fingers hatte sie also zuerst erwischt. Aber das Magazin der Waffe in ihrer Hand war leer. Das war nicht gut. Ich riss eine Axt von der Wand und schlug mir den Weg durch die Tür aus Mahagoni zu Victors Privatkajüte frei. Victor, ebenfalls drei Mal von Kugeln getroffen, lag mit gebrochenem Genick auf der Erde. Ein Hinweis darauf, dass er unter Schmerzen den Weg ins Jenseits angetreten hatte. Das Schiff neigte sich mit einem Ruck nach vorn. Es war kurz vorm Kentern. Ich hatte nur noch wenige Augenblicke Zeit, um Fingers und die Mädchen zu finden und von diesem Ding herunterzukommen, bevor es uns mit sich in die Tiefe zog oder in tausend Stücke zerriss. Ich sprang die Treppen herunter und wandte mich nach achtern zum Motorraum, aber er stand unter Wasser. Also watete ich durch hüfttiefes Wasser in die Kabinen der Crew, vorbei an Victors Gebetsschrein zum Ankerraum, wo sich das Wasser bereits rot gefärbt hatte. Und dort fand ich schließlich Fingers. Eigentlich hörte ich ihn, bevor ich ihn sah. Seinen gurgelnden Atem. Als ich um die Ecke kam, grinste er schief, aber das Lachen war ihm vergangen. Er hielt seine Sig Sauer in der Hand, hatte aber nicht mehr die Kraft, um sie anzuheben, auch wenn das Magazin leer war. Ich legte den Arm um seinen Kopf und zog ihn in Richtung Treppe, aber er zeigte auf die Tür des Ankerraums. 'Da.', mehr konnte er nicht sagen. Wasser drang durch den Türschlitz. Ich zog am Riegel, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Ich watete zurück in den Motorraum, schwamm auf die andere Seite, immer darauf bedacht, möglichst nicht den giftigen und in den Augen brennenden Qualm einzuatmen, nahm ein Brecheisen von der Wand und kehrte zum Ankerraum zurück. Dort klemmte ich die Spitze in die Türmechanik und zog. Meine Beine nutzte ich als Hebel. Hinter mir hörte ich Gelächter. 'Mehr has