Beschreibung
Politik regelt die Angelegenheiten des Gemeinwesens und nimmt damit entscheidenden Einfluss auf unser Leben. Wer Orientierung im politischen Geschehen sucht und aktiv daran teilnehmen will, dem ist mit dem neuen Lexikon ein Leitfaden an die Hand gegeben: fundierte Definitionen der 100 wichtigsten Begriffe der Politik samt Begriffsgeschichte und systematischer Darstellung.
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Autorenportrait
Dieter Fuchs ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart. Edeltraud Roller ist Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Mainz.
Leseprobe
Bürgertugenden Allgemein versteht man unter 'Tugend' die eine Person auszeichnende Fähigkeit und Bereitschaft, das Gute aus den rechten Motiven heraus zu tun. Die B. bezeichnet somit die Fähigkeit und Bereitschaft der Bürger, ihre eigenen Interessen und ihr Handeln bewusst mit dem in Einklang zu bringen, was dem politischen Zusammenleben insgesamt zuträglich ist. Dabei geht das tugendhafte Handeln über das rechtlich Gebotene hinaus und orientiert sich an dem, was durch Prinzipien der Gerechtigkeit gefordert wird oder durch andere Werte des Zusammenlebens als gut gilt; es mag schließlich sogar über das moralisch-politisch Verpflichtende hinausgehen. Zu denken ist dabei an so unterschiedliche B. wie Toleranz, politisches Engagement, Gemeinsinn, Patriotismus, Solidarität, Zivilcourage, um nur einige zu nennen. Die antike politische Philosophie sieht die politische Ordnung insgesamt als Tugendordnung an; nicht nur so, dass die Besten herrschen sollen und jeder an seinem Ort sein Bestes zum gedeihlichen Zusammenleben tut, sondern auch so, dass die polis insgesamt die Aufgabe hat, die Menschen zu ihrem Guten, zur Ausübung der Tugend als menschlicher Vortrefflichkeit (gr. arete), zu führen. So kann Platon (Politeia) den guten und geordneten Staat mit der gut geordneten und tugendhaften Seele vergleichen; die Gerechtigkeit gilt dabei als die oberste Tugend der Einzelnen und auch des Gemeinwesens. Aristoteles (Politika) sieht die Erhaltung der politischen Gemeinschaft als zentrale gemeinsame Aufgabe der Bürger an; die wichtigste B. in einer guten Ordnung unter Freien und Gleichen liegt darin, "gut zu regieren und gut regiert werden zu können". Die Auffassung, dass die Bürger ihre Freiheit und ihr gutes Leben der politischen Gemeinschaft verdanken und daher verpflichtet sind, die öffentliche Sache, die res publica, und das gemeinsame Wohl über das enge Eigeninteresse zu stellen, kennzeichnet den römischrepublikanischen Tugenddiskurs, so etwa bei Cicero und Historikern wie Livius und Sallust. Dieser Republikanismus erlebt zum Ausgang des Mittelalters (etwa bei Marsilius von Padua) und im Humanismus der frühen Neuzeit eine Renaissance. Ein Volk mit verderbten Sitten sei zur Freiheit nicht fähig, so Niccolò Machiavelli in den Discorsi (1517): Die Tugend der Selbstbeherrschung bildet mit der Kunst der Selbstregierung eine Einheit. Schwindet die Gemeinwohlorientierung, droht die politische Tyrannei. Von Montesquieu (De l'esprit des lois, 1748) über Jean Jacques Rousseau (Du contrat social, 1762) bis zu Alexis de Tocqueville (De la democratie en Amerique, 1835/40) wird diese Auffassung der B. als notwendiger Bedingung der Erhaltung republikanischer Freiheit fortentwickelt. Eine Demokratie könne nicht ent- und bestehen, sofern die Bürger nicht bereit seien, ihrem Eigennutz Zügel anzulegen und dem Gemeinwohl Vorrang zu geben. Kritiker dieser Tugendtheorien bezweifeln die Möglichkeit oder Wünschbarkeit der Ausbildung solcher politisch-ethischen Haltungen und legen institutionelle Kompensationsarrangements vor, die - wie in Thomas Hobbes' Leviathan (1651) - die Furcht vor einem übermächtigen Souverän als zentrales Motiv des Gesetzesgehorsams einsetzen oder - wie in den Federalist Papers (1787/88) von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay - ein System von checks and balances vorsehen, welches das unvermeidliche Aufeinandertreffen gegensätzlicher Interessen produktiv wendet. Immanuel Kant unterstreicht die kategoriale Differenz zwischen Rechts- und Tugendlehre und glaubt an einen "Mechanism der Natur" (Zum ewigen Frieden, 1795), nach dem auch ein "Volk von Teufeln" in einen Rechtszustand eintreten könne, in dem die jeweiligen Laster einander neutralisierten (was allerdings nicht Kants Vorstellung von einer Republik entspricht). Quer durch den Tugenddiskurs der neuzeitlichen politischen Philosophie zieht sic ...
Inhalt
- Abgeordnete - Außenpolitik - Autoritäres Regime - Bürgertugenden - Deliberative Demokratie - Demokratie - Demokratisierung/Demokratisierungswellen - Diktatur - Diskurs - Elektronische Demokratie - Eliten - Europäische Union - Extremismus - Faschismus - Feminismus - Föderalismus - Freiheit - Gemeinwohl - Gerechtigkeit - Gesetze/Gesetzgebung - Gewalt - Gewaltenteilung - Gewerkschaften - Gleichheit - Globalisierung - Grund- und Menschenrechte - Herrschaft - Ideologie - Innenpolitik - Institutionalismus - Institutionen - Integration - Interessenverbände - Internationale Erziehungen - Internationale Regime - Kommunalpolitik - Kommunismus - Kommunitarismus - Konfliktlinien - Konsensus- und Mehrheitsdemokratie - Konservatismus - Konstitutionalismus - Kosmopolitische Demokratie - Legitimität - Liberalismus - Macht - Massenkommunikation - Mehrheitsprinzip - Nation/Nationalismus - Nationalstaat - Nichtregierungsorganisationen - Öffentliche Meinung - Öffentlichkeit - Parlament - Parlamentarische/präsidentielle Demokratie - Parteien - Parteiensysteme - Partizipative Demokratie - Politik - Politikwissenschaft - Politische Ethik - Politische Gemeinschaft - Politische Kultur - Politische Partizipation - Politische Performanz - Politische Sozialisation - Politische Unterstützung - Politischer Prozess - Politisches System - Politisches Vertrauen - Rechtsstaat - Regierung - Repräsentation - Repräsentative/liberale Demokratie - Republikanismus - Solidarität - Souveränität - Sozialdemokratie - Soziale Bewegungen - Sozialismus - Sozialstaat - Staat - Staatsbürgerschaft - Staatsformen - Steuerung - Systemtransformation - Terrorismus - Totalitarismus - Vereinte Nationen - Verfassung - Verhandlungen - Vertrag/Vertragstheorien - Verwaltung - Volk - Völkerrecht - Volksabstimmung - Volkssouveränität - Wahlen - Wahlrecht/Wahlsysteme - Zivilgesellschaft -