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The Rolling Stones

Reclams Universal-Bibliothek 18494

Erschienen am 05.05.2007
4,40 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783150184943
Sprache: Deutsch
Umfang: 142 S., 10 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 0.8 x 14.8 x 9.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Die Rolling Stones waren immer "anders": wilder, lauter, skandalöser. Inzwischen sind sie zum Mythos geworden. Georg Diez erzählt die nunmehr fast 50-jährige Geschichte ihres Triumphes, der immer auch ein grandioses Scheitern war.

Autorenportrait

Georg Diez, 1969 geboren, studierte Geschichte und Philosophie. Er ist Mitarbeiter der 'Zeit'.

Leseprobe

Die Zukunft war noch reichlich jung in jenen Tagen, als die Pop-Revolutionäre die Welt auf den Kopf stellten. Aber wer sich dieses tumultuöse Jahrzehnt näher betrachtet, das man mit einem nostalgischen, abschätzigen oder feindseligen Unterton "die Sechziger" nennt, der wird eines feststellen: Konsum, Optik, Oberfläche, Musik, Spaß, Sex - kurz die Welt, wie wir sie kennen, das alles entstand in dieser Zeit, als ein paar weiße Jungs die Musik nahmen, die sie liebten, den Rhythm and Blues der Schwarzen, und damit die Mittelstandsjugend zum Tanzen brachten. Es ist nicht klar, ob sie am Anfang wirklich wussten, was sie taten. Das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass sie es taten. Und so ist jede Erinnerung an diese ferne Zeit der Zukunft mehr als nur ein Stückchen Musikgeschichte, mehr auch als eine Ergänzung der politischen Veränderungen Ende der 1960er Jahre: Es ist eine Chronik jener Jahre, als die Jugend die Welt eroberte. Und so sollte schließlich Jean-Luc Godard recht behalten. Der hatte 1965 über den Stones-Song 'Satisfaction' gesagt: "Was dort erklingt, könnte der Beginn einer Revolution sein." Es waren tatsächlich die Jahre, als die Welt, wie wir sie heute erleben, reflektieren und verstehen, Gestalt annahm; es waren Jahre, die alles umkehrten, die die Verhältnisse, wie man sie bis dahin gekannt und akzeptiert hatte, auf den Kopf stellten. Diese Jahre setzten die Jugend in ihr Recht. Zuvor hatte die Wahrheit und die Weisheit bei den Älteren und der Begründungszwang, der Legitimationsdruck bei den Jungen gelegen. Dies war jetzt, ganz schlicht gesagt, genau umgekehrt. Das alles hat irgendwann zwischen Mitte der 1950er und Mitte der 1960er Jahre angefangen, und einiges spricht dafür, dass die Rolling Stones daran nicht ganz unschuldig waren. Wann genau Pop sich aufmachte, die Welt zu erobern, darüber streiten sich die Geister. Das Jahr 1954 als ein frühes Vorläuferdatum liegt dabei nicht schlecht im Rennen, jenes Jahr, als die Brüder Maurice und Richard McDonald zum ersten Mal Autofahrer mit dem versorgten, was unter den gelben Bögen zum Wahrzeichen, zum Symbol und für die Ängstlichen zum Schreckbild der Popkultur und schließlich der Globalisierung werden sollte: Hamburger für alle, vor allem aber für die Autofahrer. Oder doch 1955, wie Ulf Poschardt in seinem Buch 'DJ-Culture' vorschlägt, das Jahr, das nicht nur den Anfang der Popmusik, sondern auch den Anfang der Popkunst markiert. "Jasper Johns malte seine ersten Flaggen, Andy Warhol zeichnete bunte Schuhe, und Roy Lichtensrein arbeitete an seinen Dollarnoten. Eine Ikonografie des Gewöhnlichen war entstanden." Klaus Theweleit bringt als Beginn des Pop-Jahrhunderts auch das Jahr 1956 ins Spiel, denn da "schlüpft die Weltgeschichte in die 'Blue Suede Shoes'. die 'diesseitig' durchtanzten". Elvis also natürlich, jener Elvis, von dem Theweleit sagt, er habe 1956 "eher eine neue Zeitrechnung begründet als 1922 Mussolini mit seinem Marsch" - und auch eher als Joyce mit seinem bahnbrechenden Roman 'Ulysses'. Am einfachsten schließlich hat es Andy Warhol gefasst: "Everything went young in '64!" Irgendwann zwischen Elvis und Andy Warhol ist es also passiert, irgendwann in diesen Jahren begann die Welt zu verstehen, was das heißt: "Everyone is sweet sixteen forever", wie Nik Cohn meint. "Pop", so Cohn, "gehört allein den Teenagern und spiegelt alles das, was Teenagern in ihrer Zeit passiert, in diesem amerikanischen zwanzigsten Jahrhundert. Es geht um Kleidung und Autos und Tanzen, es geht um Eltern und Highschool und eingesperrt zu sein und auszubrechen, es geht um Sex, Reichtum und das Altern, es geht um Amerika, es geht um Städte und Lärm. Wenn man's genau betrachtet, geht es immer um Coca Cola." Aber wenn Elvis der Vorbereiter war und Wegweiser, dann waren die Beatles und die Rolling Stones die Vollender. Der Wandel jener Jahre erstreckte sich auf alle Lebensbereiche, auf die Art und Weise, wie die Wirtschaft funktionierte, die Gesellschaft, die Familie, Religion, Sex und all das andere - deshalb ist es nicht falsch, hier von einer Revolution zu sprechen, bleibender und nachhaltiger wohl als der politische Teil der Umwälzungen. "Pop ist der kulturelle Ausdruck einer deregulierten Aufklärung", schreibt Beat Wyss. "Der freie Wettbewerb um das Glück schafft neben beträchtlichem Reichtum jene Form der Armut, die den Nährboden der Subkulturen bildet, die wiederum - über die Verteilungsnetze von Pop - in der Hoffnung leben, an den Reichtum angeschlossen zu werden." Auf diese Weise "schließt sich der Graben. Pop ist das Versprechen auf Teilhabe am Konsum aller, die nach Glück streben." Das Streben nach Glück ist es also, "the pursuit of happiness", das als amerikanische Pop-Formel seit 1776 in der Präambel der Unabhängigkeitserklärung niedergeschrieben vorliegt: oder moderner gesagt: 'Please Please Me' oder 'Satisfaction'. Die Beatles und die Rolling Stones waren die beiden entscheidenden Pole, zwischen deren Anziehungs- und Abstoßungskräften die Jugend und mit ihr die Popkultur ihren Eroberungszug antreten konnte. "Die Beatles wollen deine Hand halten", formuliert Tom Wolfe hübsch verkürzt, "die Stones wollen deine Stadt niederbrennen."

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