Beschreibung
Zwei Kinder bezahlen für den Krieg. Marwa, ein Mädchen aus einem Armenviertel Bagdads, ist zwölf Jahre alt, Andy, ein Schüler aus Florida, ist achtzehn, als der Krieg im Irak ihre Träume zerstört. Wie schon in "Wer weint schon um Abdul und Tanaya?" erzählt Jürgen Todenhöfer Weltgeschichte aus Sicht der Opfer. Ein Plädoyer gegen den Krieg - engagiert, mitfühlend, anrührend.
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Leseprobe
Politisches Vorwort Dies ist kein Buch über die großen Akteure der Weltpolitik. Im Vordergrund stehen nicht der amerikanische Präsident oder der britische Premierminister, Saddam Hussein oder Bin Laden. Im Vordergrund stehen zwei einfache junge Menschen, deren Leben sich durch die Entscheidungen der Großen dramatisch verändert hat, Andy und Marwa. Das Buch erzählt Weltgeschichte aus der Sicht der Opfer. Es konfrontiert die Politiker mit dem, was Krieg wirklich ist. Ich möchte mit dem Buch erreichen, dass die Politiker wissen, was sie tun, wenn sie ihre Truppen mit pathetischen Worten in den Krieg schicken. Ich möchte, dass sie erfahren, was ihre in Schreibstuben entworfenen Strategien für amerikanische und irakische Kinder wie Andy und Marwa bedeuten. Ich möchte mithelfen, dass der Westen sich nie wieder verleiten lässt, einen derart sinnlosen, völkerrechtswidrigen Krieg zu führen wie den Krieg gegen den Irak. Mein Buch ist ein Plädoyer für eine andere, menschlichere Außenpolitik. Nicht nur aus Gründen der Moral, sondern auch aus Gründen der Vernunft. Unser Erfolgsrezept im Ost-West-Konflikt hieß »Gerechtigkeit und Stärke«. Die USA standen in den Jahren des Kalten Krieges politisch, wirtschaftlich und sozial in faszinierender Weise für Gerechtigkeit. Ihr stärkstes Argument, unser stärkstes Argument, waren die Menschenrechte. Die Menschenrechte, und nicht die Waffen, haben die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion zu unseren Gunsten entschieden. Die NATO musste nicht einen einzigen Schuss abgeben. Gerechtigkeit und Stärke werden auch im 21. Jahrhundert über den Erfolg unserer Außenpolitik entscheiden. Stärke, weil der Schwache in dieser Welt keine Chance hat, seine Ziele zu realisieren. Gerechtigkeit, weil Macht ohne Gerechtigkeit immer den Kern des Untergangs in sich trägt. Bloße Macht züchtet sich ihre eigenen Feinde - Todfeinde, wie wir seit dem 11. September 2001 wissen. Terrorismus wächst dort, wo krasse Ungerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit herrschen. Solange der Nahost-Konflikt nicht fair gelöst ist - fair für Israel, aber auch fair für die Palästinenser -, solange die Golfstaaten als Hinterhof der USA missbraucht werden, solange wir die Muslime im Irak und anderswo als Menschen zweiter Klasse behandeln, werden ständig neue Generationen von Terroristen nachwachsen. Perspektivlosigkeit führt zu Hass und Gewalt. Wenn wir den internationalen Terrorismus überwinden und wirklichen Frieden herstellen wollen, müssen wir radikal umdenken. Natürlich müssen wir den Terrorismus mit Härte bekämpfen. Aber besiegen, dauerhaft überwinden werden wir ihn nur, wenn wir der muslimischen Welt Gerechtigkeit entgegenbringen. Ein arabisches Sprichwort sagt: »Eine Stunde Gerechtigkeit bringt mehr als zehn Jahre Krieg.« Diese Weisheit müssen auch wir beherzigen. Wir müssen in Menschlichkeit und Gerechtigkeit mindestens genauso viel investieren wie in Waffen. Nur dann wird unsere Zivilisation überleben. Nur dann hat sie es verdient zu überleben. Die Führer der muslimischen Welt jedoch müssen lauter und deutlicher ihre Stimme gegen den fanatisch-fundamentalistischen Terrorismus erheben. Er ist nicht nur der gefährlichste Feind des Westens, sondern auch der Todfeind der muslimischen Kultur und ihrer Werte. Die meisten Führer der muslimischen Welt haben viel zu lange geschwiegen, aus Angst, selbst ins Fadenkreuz der Terroristen zu geraten. Orient und Okzident können den Kampf gegen den Terrorismus nur gemeinsam gewinnen. Der Westen muss vor allem in vier Punkten umdenken: 1. Wir müssen anderen Kulturen, anderen Religionen, anderen Völkern mehr Respekt entgegenbringen. Muslime, Hindus, Buddhisten sind genauso viel wert wie Christen und Juden. Asiaten oder Afrikaner genauso viel wie Amerikaner oder Europäer. Es gibt im Westen einen massiven Rassismus gegenüber den Menschen der Dritten Welt, einen Rassismus, der nur aus Gründen »politischer Korrektheit« nicht offen zugegeben wird. Dieser rassistische Überlegenheitskomplex ist nicht Leseprobe