Beschreibung
Der Geschichtslehrer Tertuliano Máximo Afonso leidet nicht nur an seinem pompösen Namen, sondern auch am Bonsai-Intellekt seiner Schüler und an seiner Freundin Maria, die immer mit ihrer Mutter zusammengluckt. Ein Kollege schickt ihn zur Ablenkung in die Videothek und empfiehlt auch gleich einen Film. Tertuliano sieht ihn sich an, und erwartungsgemäß gefällt er ihm nicht. Aber wie gewaltig seine Überraschung, als er sich in einer schlaflosen Nacht den Film noch einmal anschaut und feststellt, dass eine Nebenfigur, der Rezeptionist eines Hotels, ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Gleich am nächsten Tag beginnt er seinem Doppelgänger nachzuforschen. Zu seinem Schrecken merkt er, dass es hier um mehr als schlichte Ähnlichkeit geht: Als er auf seiner Suche schließlich fündig wird und den Schauspieler Antonio Claro kennen lernt, stellt sich heraus, dass beide absolut identisch sind! Bald entbrennt ein Streit zwischen ihnen: Wer ist das Original, wer die Kopie? Und wie werden ihre Frauen reagieren, wenn sie erfahren, dass ihre Liebe keinem Einzigartigen gilt, sondern einem, der zweimal existiert? Oder gar noch öfter? "Der Doppelgänger" ist ein Kriminalstück - und eine moderne Parabel, mindestens ebenso nah an den Möglichkeiten der Genetik wie an den Mythen des Altertums. Denn auch in diesem Roman gibt es eine warnende Kassandra, und wie ihr Vorbild wird sie nicht erhört.
Autorenportrait
José Saramago wurde am am 16.11.1922 in dem Dorf Azinhaga im portugiesischen Ribatejo als Sohn einer Landarbeiterfamilie geboren. Mit zwei Jahren Umzug nach Lissabon. Aus finanziellen Gründen Wechsel vom Gymnasium auf eine berufliche Schule, die er 1939 als Maschinenschlosser verließ. Zwei Jahre Tätigkeit in diesem Beruf in einem Krankenhaus, anschließend Übergang in die Verwaltung. Ab 1955 häufige Aufenthalte im Literatencafé 'Café Chiado'. Durch Vermittlung Arbeit im Verlag 'Estúdios Cor'. In dieser Zeit erste Veröffentlichungen. 1969 Eintritt in die (verbotene) kommunistische Partei, erste Auslandsreise (Paris). Ab 1968 literarische bzw. politische Mitarbeit bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften; März bis November 1975 beigeordneter Direktor der ältesten portugiesischen Tageszeitung 'Diáro de Notícias'. Nach der "Nelkenrevolution" 1974 Arbeit im Ministerium für Kommunikation. 1975-1980 verdiente er seinen Lebensunterhalt hauptsächlich als Übersetzer. Seit 1980 war er als freier Schriftsteller tätig. 1986 sprach Saramago sich gegen den Beitritt Spaniens und Portugals in die Europäische Union und für eine Unabhängigkeit der Iberischen Halbinsel aus. Er ist Mitglied des Ordens Militar de Santiago de Espada (Portugal) und des Ordre des Arts et Lettres (Frankreich) sowie Ehrendoktor der Universitäten Turin, Sevilla und Manchester. Seine Werke sind in 26 Sprachen übersetzt. José Saramago lebte zuletzt auf Lanzarote, wo er am 18. Juni 2010 verstarb.Auszeichnungen: Prémio da Associação de Crítícos Portugueses (1979); Prémio Cicade de Lisboa für 'Hoffnung im Alentejo' (1980); Prémio Literário Município de Lisboa für 'Das Memorial' (1982); Prémio da Crítica da Associação Portuguesa de Crítícos (Prémio D. Dinis) für 'Das Todesjahr des Ricardo Reis' (1986); Premio Internazoniale Ennio Flaiano (Italien) (1992); Nobelpreis für Literatur (1998).