Beschreibung
Märchen öffnen Welten Märchen sind zeitlos und wollen immer wieder erzählt und gelesen werden. Sie gehören zu den Texten, die uns oft ein Leben lang begleiten. Die ELTERN Märchenedition versammelt die schönsten Texte in einer 10-bändigen Sammlerausgabe, in der jeder sein Lieblingsmärchen wiederfinden oder ganz neue, unbekannte Märchenschätze entdecken kann. Gehört hat irgendwann ja irgendwie schon mal jeder vom Gestiefelten Kater, von Rotkäppchen oder der kleinen Seejungfrau. Aber wer kann sich noch wirklich daran erinnern, warum die elf Brüder von Elise in wilde Schwäne verwandelt wurden oder wie Ali Baba die vierzig Räuber überlistete? Was früher selbstverständlich in jedes Kinderzimmer gehörte, lange Winterabende erst so richtig gemütlich und den Fernseher überflüssig machte, scheint heute - leider - ein bisschen aus der Mode gekommen. Dabei sind Märchen weder altmodisch noch langweilig und es ist längst an der Zeit, sie wieder aus ihrer staubigen Kellerecke ins rechte Licht des Bücherregals zu rücken. Und so erscheinen mit der großen Eltern-Edition in 10 Autoren- und Themenbänden bekannte und unbekannte, deutsche und fremdsprachige, lustige und traurige Märchen in einer einzigartigen Sammlung. Ein Märchenschatz, den jeder liest und liebt. Ob zum Vorlesen oder Selberschmökern, als Geschenk, zum Sammeln oder Weitererzählen. Die Edition wird wundervoll farbig ausgestattet von dem bekannten und renommierten Illustrator Dieter Wiesmüller und erscheint in einem praktischen und handlichen Format, das nicht nur gut in Kinderhände, sondern auch in jedes Bücherregal passt. Jeder Band erhält ein individuelles Vorwort und der Schuber eine zusätzliche Broschüre der Zeitschrift Eltern, in der die Frage beantwortet wird, warum Märchen heute noch wichtig sind.
Leseprobe
Zwerg Nase In einer bedeutenden Stadt Deutschlands lebte vor vielen Jahren ein Schuster mit seiner Frau, schlicht und recht. Er saß bei Tag an der Ecke der Straße und flickte Schuhe und Pantoffeln und machte wohl auch neue, wenn ihm einer welche anvertrauen mochte. Doch musste er dann das Leder erst einkaufen, denn er war arm und hatte keine Vorräte. Seine Frau verkaufte Gemüse und Früchte, die sie in einem kleinen Gärtchen vor dem Tor pflanzte, und viele Leute kauften gerne bei ihr, weil sie reinlich und sauber gekleidet war und ihr Gemüse auf gefällige Art auszubreiten und anzubieten wusste. Die beiden hatten einen schönen Knaben, angenehm von Gesicht, wohlgestaltet und für das Alter von acht Jahren schon ziemlich groß. Er pflegte gewöhnlich bei der Mutter auf dem Gemüsemarkt zu sitzen. Und den Frauen oder Köchen, die viel bei der Schustersfrau eingekauft hatten, trug er wohl auch einen Teil der Früchte nach Hause, und selten kam er von einem solchen Gang zurück ohne eine schöne Blume oder ein Stückchen Geld oder Kuchen; denn die Herrschaften dieser Köche sahen es gern, wenn man den schönen Knaben mit nach Hause brachte, und beschenkten ihn immer reichlich. Eines Tages saß die Frau des Schusters wieder wie gewöhnlich auf dem Markt, sie hatte vor sich einige Körbe mit Kohl und anderem Gemüse, allerlei Kräuter und Sämereien, auch frühe Birnen, Äpfel und Aprikosen in einem kleineren Körbchen. Der kleine Jakob, so hieß der Knabe, saß neben ihr und rief mit heller Stimme die Waren aus: "Hierher, Ihr Herren, seht, welch schöner Kohl, wie wohlriechend diese Kräuter; frühe Birnen, Ihr Frauen, frühe Äpfel und Aprikosen, wer kauft? Meine Mutter gibt es preiswert her." So rief der Knabe. Da kam eine alte Frau über den Markt her. Sie sah etwas zerrissen und zerlumpt aus, hatte ein kleines, spitziges Gesicht, vom Alter ganz eingefurcht, rote Augen und eine spitzige, gebogene Nase, die gegen das Kinn hinabstrebte. Sie ging an einem langen Stock, und doch konnte man nicht sagen, wie sie ging; denn sie hinkte und rutschte und wankte, es war, als habe sie Räder in den Beinen und könne alle Augenblicke umstürzen und mit der spitzigen Nase aufs Pflaster fallen. Die Frau des Schusters betrachtete dieses Weib aufmerksam. Es waren jetzt doch schon sechzehn Jahre, dass sie täglich auf dem Markt saß, und nie hatte sie diese sonderbare Gestalt bemerkt. Aber sie erschrak unwillkürlich, als die Alte auf sie zuhinkte und an ihren Körben stillstand. "Seid Ihr Hanne, die Gemüsehändlerin?", fragte das alte Weib mit unangenehmer, krächzender Stimme, indem sie ständig den Kopf hin und her schüttelte. "Ja, die bin ich", antwortete die Schustersfrau; "ist Euch etwas gefällig?" "Wollen sehen, wollen sehen! Kräutlein schauen, Kräutlein schauen; ob du hast, was ich brauche?", antwortete die Alte, beugte sich vor den Körben nieder und fuhr mit dunkelbraunen, hässlichen Händen in den Kräuterkorb hinein, packte die Kräutlein, die so schön und zierlich ausgebreitet waren, mit ihren dünnen Spinnenfingern, brachte sie dann eines um das andere hinauf an die lange Nase und beroch sie hin und her. Der Frau des Schusters wollte es fast das Herz abdrücken, wie sie das alte Weib so mit ihren seltenen Kräutern hantieren sah. Aber sie wagte nichts zu sagen. Denn es war das Recht des Käufers, die Ware zu prüfen, und überdies empfand sie ein sonderbares Grauen vor dem Weibe. Als jene den ganzen Korb durchgemustert hatte, murmelte sie: "Schlechtes Zeug, schlechtes Kraut, nichts von allem, was ich will, war viel besser vor fünfzig Jahren; schlechtes Zeug, schlechtes Zeug!" Solche Reden verdrossen nun den kleinen Jakob. "Höre, du bist ein unverschämtes, altes Weib", rief er unmutig, "erst fährst du mit deinen garstigen braunen Fingern in die schönen Kräuter hinein und drückst sie zusammen, dann hältst du sie an deine lange Nase, dass sie niemand mehr kaufen mag, der zugesehen hat, und jetzt schimpfst du unsere Ware noch schlechtes Zeug, und doch kauft selbst der Koch de