Beschreibung
Ein dunkler Fluch, ein schauriges Schiff, ein geheimnisvolles Juwel: Vorsicht, Hochspannung! Tom Tin weiß nicht, wie ihm geschieht, als er verhaftet und kurzerhand auf ein berüchtigtes Sträflingsschiff gesteckt wird. Ob das mit dem geheimnisvollen Juwel zusammenhängt, das er gefunden hat? Tom muss alle seine Kräfte anstrengen, um auf See zu überleben-... Spannung bis zur letzten Seite.
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Leseprobe
Als sie sechs Jahre alt war und ich acht, starb Kitty, meine kleine Schwester. Sie fiel von einer Brücke in die Themse und ertrank, bevor ihr jemand zu Hilfe eilen konnte. Meine Mutter war dabei, als es geschah. Sie hörte einen Schrei, drehte sich um und sah meine Schwester durch die Luft wirbeln. Sie schaute zu, wie Kitty in den Strudeln braunen Wassers verschwand. In diesem Moment verlor meine Mutter den Verstand. Sie zog Trauerkleidung aus dem schwärzesten Stoff an und verbarg sich darin vom Kopf bis zu den Fußspitzen, wie ein Käfer in seinem Panzer. Bei Sonnenaufgang stand sie an Kittys Grab, und wenn die Sonne unterging, stand sie immer noch da. Mit ihrem im Wind wehenden Schleier und dem vom Regen tropfnassen Schal wurde sie selbst zu einem Geist, der den Friedhof heimsuchte und vor dem sich die Kinder fürchteten. Selbst ich, der ich sie mein ganzes Leben lang gekannt hatte, wagte mich nicht in die Nähe des Totenackers, wenn der gelbe Herbstnebel die Grabsteine umwaberte. Es war solch ein Tag, ein Tag im Herbst, als mein Vater sie schließlich vom Grab meiner Schwester wegzerren musste. Der Nebel war dicht und roch faulig, sah aus wie verdorbene Vanillesoße, die man zwischen die Gräber gegossen hatte. Vor dem Eisengatter an der Straße stehend, konnte ich nicht bis zur Kirche sehen, aber ich erkannte die Kreuze und die Marmorengel, manche davon deutlich, andere schemenhaft. Und mittendrin meinen Vater, der mit einem Dämon kämpfte. Ich hörte das Heulen meiner Mutter. Ihre Schuhe waren schwarz, ihre Haube war schwarz und in ihren flatternden Kleidern sah sie mehr wie ein Tier aus als wie ein Mensch. Sie kreischte und wehrte sich, klammerte sich an die Grabsteine und bohrte ihre Finger in die Erde. Als mein Vater sie endlich durch das Gatter zog, jaulte sie wie ein Hund. In ihren Fäusten hielt sie Erdklumpen. Sie schaute sie an und wurde ohnmächtig. Wir hoben sie auf den Karren, legten sie zwischen die Bündel und die Truhen, in denen unsere Habseligkeiten steckten. Der Kärrner kletterte auf seinen Sitz. Er ließ die Peitsche knallen und warf dem Pferd einen Fluch zu, dann zuckelten wir los in Richtung Camden Town. Ich ging neben meinem Vater, als wir an unserem leeren Haus vorbeikamen und auf die Brücke zuliefen. Zufällig wählte der Kärrner dieselbe Strecke, die mein Vater jeden Morgen hinter sich brachte, wenn er - vergeblich - bei der Admiralität vorsprach. Ich sah, wie mein Vater das Haus betrachtete und dann zu Boden schaute. Schweigend gingen wir weiter. Der Karren, der nur ein paar Schritte vor mir über das Pflaster holperte, war nichts weiter als ein grauer Schemen. Er schien von einem unsichtbaren Lasttier gezogen zu werden, das schnaubte und nieste, während es vorantrottete. Meine Mutter erwachte und setzte sich jammernd im Karren auf. Wir waren beinahe am Fluss, als mein Vater sagte: 'Es ist zu ihrem eigenen Besten. Das weißt du, Tom.' 'Ja', erwiderte ich, obwohl es nicht die Wahrheit war. Wir verließen Surrey nicht um meiner Mutter willen, sondern um die zwei Pennys zu sparen, die mein Vater Tag für Tag beim Überqueren der Brücke entrichten musste. Wir verließen unser Heim, weil Mr. Goodfellow uns daraus vertrieben hatte, genauso wie er uns vor einem knappen Jahr schon aus unserem größeren Haus fortgejagt hatte. Ich glaubte, er würde uns auf ewig heimsuchen, würde uns von einem ins nächste Heim jagen - eins kleiner als das vorherige -, bis er erreicht hätte, dass wir mit den Bettlern und den Blinden auf der Straße lebten. Wir verließen Surrey, weil mein Vater ein Seemann ohne Schiff war. Sein Gang war nicht mehr der eines Seemanns. Er sah nicht mehr aus wie einer und roch auch nicht mehr so, und ich hätte nie vermutet, dass er jemals zur See gefahren war, wären da nicht die fadenscheinige Uniform gewesen, die er jeden Morgen anlegte, und die vielen Utensilien und Erinnerungsstücke, die ein Seemann von seinen Reisen mitbringt. Früher hatten sie überall herumgestanden, jet ...