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Die Logik des Lebens

Warum Ihr Boss überbezahlt ist, Oralsex boomt und New Orleans nicht wieder aufgebaut wird - Die rationalen Motive unserer scheinbar irrationalen Entscheidungen

Erschienen am 29.09.2008, 1. Auflage 2008
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570500965
Sprache: Deutsch
Umfang: 350 S.
Format (T/L/B): 3 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein ungewöhnliches Buch über ganz gewöhnliche Vorgänge des täglichen Lebens Im privaten wie im politischen Leben regiert, so scheint es, der "ganz normale Wahnsinn". Menschliches Verhalten erscheint zutiefst unlogisch, von irrationalen Triebkräften, Willkür und emotionaler Labilität beherrscht. Aber stimmt diese Einschätzung wirklich? Der preisgekrönte Wirtschaftsjournalist und Bestseller-Autor Tim Harford verblüfft mit der These, dass rationale Entscheidungen unser Verhalten viel stärker prägen als bisher angenommen. Seine Theorie verdeutlicht er anhand einer Fülle von Fallbeispielen. Was ist die Ursache des Oralsex-Booms in den USA? Warum verdient unser Chef ein Vermögen mit ein bisschen großspurigem Daherreden? Warum können wir dem Rassismus, auch wenn wir ihn verurteilen, eine innewohnende Logik nicht absprechen? Warum setzt sich das Wohl der Wenigen auch in einer Demokratie so häufig gegen das Wohl der Vielen durch? Die Antworten, die Harford findet, faszinieren und rufen manches Aha-Erlebnis hervor. Nach der Lektüre wird der Leser mit dem "Harford-Blick" durch die Straßen seiner Heimatstadt gehen, einer Art Röntgenblick, der die verborgene Logik des Lebens zum Vorschein bringt. Harford deckt das verborgene logische Kalkül auf, das allem menschlichen Handeln zugrunde liegt.

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Leseprobe

Heute Morgen habe ich meine zweijährige Tochter in den Buggy gesetzt und bin mit ihr zum »Kunstclub für Kleinkinder« ins Bürgerhaus gefahren. Für Londoner Verhältnisse ist unser Stadtteil Hackney ein ziemlich raues Pflaster. Ein Stadtplaner würde vermutlich die Stirn runzeln beim Anblick der Reparaturwerkstatt, die am Ende einer Straße mit Reihenhäusern liegt und in deren Hof sich die Autowracks stapeln. Ein Soziologe würde Sie vielleicht auf die Wettbüros und Massagesalons aufmerksam machen oder die eingetrocknete Pfütze von Erbrochenem im Rinnstein vor der Kneipe an der Ecke. Ein Romancier würde möglicherweise länger bei dem von der Junisonne ausgebleichten, vertrockneten Blumenstrauß verweilen, der einsam und verlassen an der Wand eines berüchtigten Nachtclubs lehnt und an einen jungen Mann erinnert, der vor kurzem hier erschossen worden ist. Ich aber bin Ökonom. Wenn Sie glauben, dass ich in Gedanken ganz woanders bin und mich mit Börsenkursen oder Inflationsraten beschäftige, dann irren Sie sich. Ich sehe die Zocker und Prostituierten, die Trinker und die Gangs durchaus, ich sehe sie nur in einem anderen Licht. Ökonomen sind ständig auf der Suche nach der verborgenen Logik des Lebens, nach den unzähligen rationalen Entscheidungen, die es ausmachen, und die für das bloße Auge unsichtbar sind. Manchmal wird die Welt durch diese rationalen Entscheidungen ein besserer Ort, manchmal ein schlechterer. Aber wenn man die Welt verstehen will - oder herausfinden will, wie man sie verändern kann -, dann fängt man am besten bei den rationalen Entscheidungen an, die unser Leben prägen. Unterwegs musste ich mit meiner Tochter eine viel befahrene Straße überqueren. Das ist sehr viel schwieriger, als man sich wünschen würde, weil es an der Ampel, die an dieser Einmündung für reibungslosen Verkehr sorgt, kein eigenes Signal für Fußgänger gibt und die Grünphasen für Fußgänger zu kurz sind. Ich hastete hinüber zur Verkehrsinsel in der Mitte, wendete schnell den Kinderwagen, so dass ich ihn hinter mir herzog, ging vor einem wartenden Doppeldeckerbus über den ersten Fahrstreifen, lugte um die Ecke und wartete auf eine Gelegenheit, auf die andere Seite zu hetzen. Die Ursache für diese gefährliche Straßenquerung ist politisches Versagen. Im reichen Viertel Stoke Newington, keine zwei Kilometer von hier, gibt es auf der Hauptstraße drei frisch aufgemalte Zebrastreifen, obwohl diese Straße nie schwer zu überqueren war. Beide Viertel unterstehen derselben Stadtverwaltung. Wie lässt sich der Unterschied erklären? Wenn ich nicht auf der Suche nach den verborgenen rationalen Motiven wäre, würde ich vielleicht einfach darüber schimpfen, wie leicht die Bewohner der reichen, weißen Viertel ihre Beziehungen spielen lassen und sich Freunde in der Politik suchen können. Oder ich würde, wenn meine politische Ausrichtung eine andere wäre, darauf schimpfen, dass die Armen einfach dumm und unfähig seien. Doch beide Sichtweisen - wie so viele der heute gängigen Auffassungen - sind oberflächlich. Die Denkweise des Ökonomen legt eine tiefer gehende Antwort nahe. Der typische Anwohner der Church Street von Stoke Newington wohnt in seinem eigenen Haus, hat vor, viele Jahre dort zu wohnen, und hat daher von Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität in seinem Viertel viel zu profitieren. Der politische Einfluss von Stoke Newington ist nur deshalb größer, weil der oder die Einzelne dort einen stärkeren Anreiz hat, politisch aktiv zu werden. In meiner Ecke dagegen kommen und gehen die Bewohner. Die Zeit, die sie mit dem Kampf um einen Zebrastreifen verbringen, wäre für viele verschwendet, weil es um eine Einrichtung geht, von der weder die Hausbesitzer profitieren würden, die ganz woanders wohnen, noch die ständig wechselnden Mieter. Das ist nur die Andeutung einer Antwort, die ich mir überlegt habe, während ich gedankenverloren meine Tochter im Kinderwagen an Tante-Emma-Läden und Nagelstudios vorbeigeschoben habe. Selbst diese Andeutung würde einem Reformer sch