Beschreibung
Tiefe Glaubenszeugnisse großer Frauen und Männer
- Zuversicht, Trost und Gelassenheit für den eigenen spirituellen Weg
- Anlässlich des 80. Geburtstages von Altabt Odilo Lechner am 25. Januar 2011
Die Faszination an Texten der Mystik ist ungebrochen. Diese in Sprache gebrachten Erfahrungen des Absoluten zählen zu den kostbarsten Zeugnissen jeder Religion. Odilo Lechner und Michael Langer präsentieren in diesem Jahreslesebuch Texte aus der Geschichte des Christentums. Es sind tiefe Glaubenszeugnisse großer Frauen und Männer aus fast zwei Jahrtausenden, die zur täglichen Kurzbetrachtung einladen. Auf dem eigenen spirituellen Weg spenden sie Zuversicht, Trost und Gelassenheit.
Mit Texten von Augustinus, Dietrich Bonhoeffer, Bernhard von Clairvaux, Birgitta von Schweden, Franz von Assisi, Dag Hammarskjöld, Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, Teresa von Avila, Karl Rahner, Edith Stein, Dorothee Sölle, Jörg Zink u.v.a.
Autorenportrait
Dr. Odilo Lechner OSB, geb. am 25. Januar 1931 in München, leitete von 1964 bis 2003 die beiden traditionsreichen Klöster Sankt Bonifaz in München und Andechs. In seiner Amtszeit wurde die kriegszerstörte Basilika Sankt Bonifaz wieder aufgebaut. Pater Johannes Eckert trat 2003 die Nachfolge von Odilo Lechner an. Altabt Odilo Lechner ist bis heute als Kolumnist, Buchautor, Firmspender und Referent tätig. Michael Langer, geboren 1960, Dr. phil., Dr. theol. habil., apl. Professor für Religionspädagogik und Kerygmatik an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Regensburg; erfolgreicher Buchautor.
Leseprobe
Vorwort Nikolaus von Kues, der große Reformkardinal und Gelehrte des 15. Jahrhunderts, unterschied zwischen Gelehrten und Weisen. Die Gelehrten (docti) können über vieles reden, was sie sich angelesen und von anderen gehört haben; die Weisen (sapientes) tun das kund, was sie erfahren, innerlich verkostet, geschmeckt haben (sapere). Und danach geht die Sehnsucht vieler Menschen heute: nicht nur von außen mit Informationen überschüttet zu werden, sondern im Inneren zu erspüren, was der Sinn ihres Lebens ist, was die Mitte, den Kern ihres Wesens ausmacht, wie es zu einer Einheit kommt von all dem Vielen, was sie bewegt und sie umgibt. Die Mystiker aller Zeiten und Kulturen haben in der Tiefe ihrer Seelen nach einer solchen Einheit gesucht, nach der Quelle ihrer Selbst und alles Seienden. Die Herausgeber haben gerne die Anregung des Gütersloher Verlagshauses und seines Cheflektors Thomas Schmitz aufgegriffen, ihnen selber kostbare Texte aus den mystischen Traditionen in Form eines Jahreslesebuches zusammenzustellen. Vor vier Jahren haben wir unter dem Titel 'Im Rhythmus der Mönche' ein ähnliches Buch mit Texten aus der benediktinischen Tradition vorgelegt. Die Texte dieses Buches sollen anregen, sich immer neu auf die Suche nach dem geheimnisvollen Gott zu machen. Sie können nur inspirieren, mögliche Wege aufzeigen. Den Weg zu seiner Mitte muss jeder auf seine ganz eigene Weise finden. Wir Christen leben vom Wort, vom Wort Gottes, das uns in den Heiligen Schriften und in den Glaubenszeugnissen großer Frauen und Männer begegnet. Wie Juden und Muslimen ist uns darum das Wort so wichtig, dass wir es immer wieder hören und in uns aufnehmen. Augustinus ist davon überzeugt, dass wir Christi Wort nicht nur äußerlich hören, wie er es einst in Palästina gesprochen hat und wie es durch seine Boten weitergegeben und in den Schriften überliefert wurde. Vielmehr ist Christus auch der 'innere Lehrer', der zu unserem Herzen spricht, uns mit diesem oder jenem Wort besonders berührt, von seiner Wahrheit betroffen und froh macht. Darum ist es so wichtig, dass wir dieses Wort wiederholen, meditieren, in unserem Inneren wirken lassen. Dann drängt es uns auch zur Antwort unserer Seele, zum Gebet. So können wir im Gebet der Wirklichkeit Gottes, seinem Wirken an uns begegnen. Und so dürfen wir Grundgebete des Gottesvolkes immer wieder aufnehmen, verinnerlichen, zu einem Ruf des Herzens werden lassen. So dürfen wir immer wieder von anderen lernen, die sich um das innere Verkosten der Wahrheit bemüht haben, die Vereinigung mit Gott gesucht haben. Vielleicht fühlen wir uns dabei ab und an von einem Wort besonders getroffen und können verweilen. Die mystische Tradition kennt viele Stufen auf dem Weg zur Einheit mit Gott, dem Ziel allen mystischen Suchen: besinnliches Lesen und Verweilen beim Wort, betrachtendes Nachempfinden biblischer Ereignisse, Versuche, beständig im Gebet, in der Verbundenheit mit Gott zu bleiben, ganz ruhig zu werden und sich in Stille der Gegenwart Gottes im Seelengrund zu überlassen. Ein Irrtum wäre es, dass Mystik, Stille, Meditation gänzlich vom aktiven Tun, von den Aufgaben in der Welt wegführe. Meister Eckart stellt in seiner Predigt 86 über Marta und Maria die tätige Schwester über die nur verzückt lauschende Maria. Maria durfte gewiss zuerst zu Füßen des Herrn mit Lust ihm zuhören und leben lernen. Dann aber wird sie wie Marta aufstehen und dienen. 'Als sie gelernt hatte und Christus zum Himmel auffuhr und sie den Heiligen Geist empfing, da fing sie zu allererst an zu dienen.' Freilich bedarf es, um in dieser inneren Verbundenheit mit Gott zu wirken, immer wieder der Sammlung. Bernhard von Clairvaux sagt im 18. Sermon zum Hohen Lied, wir sollten uns als Schale erweisen, die sich zunächst füllen lässt und dann weitergibt, was überfließt. So klagt er: 'Wir haben heutzutage viele Kanäle in der Kirche, aber sehr wenige Schalen', also solche, die 'lieber sprechen als hören'. 'Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzustr