Beschreibung
Präsentationen sind seit einigen Jahren auch in der Wissenschaft zu einer selbstverständlichen Kommunikationsform geworden: In der Verbindung von spontaner mündlicher Rede und visueller Projektion vor allem mittels PowerPoint wollen sie dem Bedürfnis nach schneller Informationsvermittlung entsprechen a" anders als Aufsätze oder Bücher, deren Publikation sehr langwierig ist und jede Spontaneität ausschließt. Henning Lobin analysiert die linguistischen und rhetorischen Eigenschaften dieser neuen Kommunikationsform und berücksichtigt insbesondere die spezielle Art ihrer Medienkombination.
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Autorenportrait
Henning Lobin ist Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim und Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Mannheim.
Leseprobe
Vorwort Jeder, der schon etwas länger in der Wissenschaft tätig ist, wird sich irgendwann einmal darüber gewundert haben, wie sehr sich die wissenschaftliche Kommunikationspraxis in den letzten zwanzig Jahren gewandelt hat. Dies beginnt mit der Web-basierten Informationsrecherche, führt über die computerunterstützte Textproduktion und das elektronische Publizieren und geht bis zur Email-Korrespondenz, zur Selbstdarstellung von Wissenschaftlern im Web oder zur Kollaboration per Internet. Das vielleicht "sichtbarste" Phänomen dieses durch Digitalisierung und Vernetzung bewirkten Wandlungsprozesses stellt die wissenschaftliche Präsentation dar, dieses "vereinfachte Basisidiom globalisierter Wissensgesellschaften" (Knoblauch/Schnettler 2007, 279). Präsentationen kennzeichnen nicht nur eine neuartige Praxis des Vortragswesens, in ihnen laufen vielmehr verschiedene Entwicklungstendenzen zusammen, die sie aus unterschiedlichen Perspektiven als einen lohnenswerten Forschungsgegenstand prädestiniert erscheinen lassen. Das vorliegende Buch ist der Versuch, das Phänomen "Präsentation" aus einer linguistischen Perspektive zu betrachten. Aufgrund der Besonderheiten des Gegenstandes werden dabei auch rhetorische, grafisch-gestalterische und performativ-theaterwissenschaftliche Aspekte berücksichtigt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Fragen der formalen Modellierung und "Technisierung" von Präsentationen, die zu Überlegungen hinführen, wie die Zukunft dieser Kommunikationsform aussehen mag. Die linguistischen Überlegungen erfolgen mit dem Instrumentarium der Textlinguistik, zuweilen ergänzt um soziolinguistische Erwägungen. Insgesamt ergibt sich eine Abhandlung, die eher als ein ausgedehnter wissenschaftlicher Essay zu werten ist als eine Monografie im klassischen Sinne. Aufgrund der sehr lückenhaften Forschungslage werden manche Fragestellungen nur angerissen, andere zwar vertieft, aber keineswegs abschließend behandelt. Mein Ziel war es, das Forschungsspektrum zu Präsentationen aus linguistischer Sicht einmal komplett zu durchschreiten, um weitergehenden Forschungen die notwendige Orientierung zu verschaffen. Das Buch ergänzt damit bereits vorliegende Untersuchungen wie die von Peters (2007; 2008), Schnettler/Knoblauch (2007) oder Rendle-Short (2006) mit theaterwissenschaftlichem, sozialwissenschaftlichem beziehungsweise konversationsanalytischem Anspruch. Wie schon diese Arbeiten will es auch zur Versachlichung der seit geraumer Zeit immer wieder in den Feuilletons großer Tages- und Wochenzeitungen aufflammenden kulturkritischen Debatte beitragen, die mit dem Schlagwort "Powerpoint ist böse" gekennzeichnet worden ist. Das Buch wendet sich somit an alle, die an Präsentationen, insbesondere wissenschaftlichen Präsentationen interessiert sind, sei es aus einer wissenschaftlichen Perspektive, sei es mit einem praktischen Anliegen. Die spezifisch linguistischen Darlegungen wenden sich nicht nur an Fachwissenschaftler, sondern legen die Basis für die übergreifende Bewertung und Einordnung dieser Kommunikationsform in den hinteren Teilen des Buches. Auf keinen Fall kann es jedoch als ein weiteres Produkt der Ratgeber-Literatur verstanden werden, denn Hinweise zur wirkungsvollen rhetorischen Gestaltung von Präsentationen lassen sich allenfalls indirekt aus manchen Erörterungen ableiten. Gleichwohl wird in diesem Buch auch ein Rahmen skizziert, in dem die praktische Vermittlung von Präsentationskompetenz in einer ihren kommunikativen Besonderheiten angemessenen Form geschehen kann.
Inhalt
Inhalt Vorwort 1 Einleitung 1.1 Das wissenschaftliche Interesse an Präsentationen 1.2 Begrifflichkeit und Voraussetzungen 1.3 Ziele und Aufbau 2 Präsentationen in der Wissenschaft 2.1 Vorläufer 2.2 Einfluss der klassischen Rhetorik 2.3 Die Theatralität wissenschaftlicher Präsentationen 3 Präsentationen als Kommunikationsform 3.1 Konstituenten der Kommunikationsform Präsentation 3.2 Wissenschaftliche Präsentationen im Kontext 3.3 Kommunikative Funktionen 4 Präsentationen als multimodale Texte 4.1 Multimodalität 4.2 Multimodale Kohäsionsmittel 4.3 Multimodale Kohärenzmuster 5 Alternative Interpretationen 5.1 Textsorte ''Foliensequenz''? 5.2 Präsentationen als Gliederungen 5.3 Konzeptuelle Metaphorik der wissenschaftlichen Präsentation 6 Die drei Modalitäten im Fokus 6.1 Sprachliche Modalität: Mündlichkeit und Schriftlichkeit 6.2 Visuelle Modalität: Präsentationsdesign und Visualisierung 6.3 Performative Modalität: Lokaldeixis und redebegleitende Gestik 7 Zur Rhetorik von Präsentationen 7.1 Angewandte Präsentationsrhetorik - Ratgeberliteratur 7.2 Präsentationen und klassische Rhetorik 7.3 Ein theatrales Modell der Präsentationsrhetorik 8 Methodische Ansätze zur Untersuchung von Präsentationen 8.1 Formale Modellierung von Präsentationen 8.2 Typologie von Präsentationen 8.3 Präsentationskorpora und empirische Analyse 9 Bewertung von Präsentationen als Kommunikationsform 9.1 Die "Powerpoint ist böse"-Debatte 9.2 Sozial-, kulturwissenschaftliche und künstlerische Deutungen 9.3 Funktionen und Probleme 10 Die Zukunft der wissenschaftlichen Präsentation Literatur
Schlagzeile
Interaktiva Schriftenreihe des Zentrums für Medien und Interaktivität, Gießen. Herausgegeben von Christoph Bieber, Claus Leggewie und Henning Lobin