Beschreibung
Im neuen Buch von Gunter Dueck, "Schwarmdumm. So blöd sind wir nur gemeinsam", geht es der Schwarmintelligenz an den Kragen.Die "Schwarmintelligenz" treibt uns geradewegs ins Verderben. Denn statt einer Konzentration an Intelligenz regiert im Schwarm oft das Prinzip: Viele Köche verderben den Brei. Sinnlose Meetings, schmerzhafte Kompromisse, unausgereifte Ergebnisse trotz Teamarbeit sind in Unternehmen und Institutionen keine Ausnahme, sondern die Regel.Gunter Dueck gibt dem Phänomen in seinem Buch einen Namen."Schwarmdummheit" nennt es Gunter Dueck, Querdenker und Arbeitsweltexperte. Mit seinem Buch macht er uns klar, warum jeder Einzelne im Team oft besser entscheidet als das Team selbst. "Wild Duck" seziert die Brutstätten der Schwarmdummheit und zeigt uns gleichzeitig, wie das genial Einfache in der Masse entstehen kann. Dafür gibt es eine Voraussetzung: Vor dem Ausschwärmen Dueck lesen!Dieses Buch von Gunter Dueck enttarnt das Wesen der Schwarmdummheit. zeigt, wie Dummheit in Schwärmen entsteht. erklärt, warum der große Schwarm sich selbst genügt - und deshalb zu oft den Blick über den Tellerrand vermeidet.... weist den Weg, wie alle zu Freunden eines gemeinsamen und tatsächlich erstrebenswerten Ganzen werden.
Autorenportrait
Gunter Dueck war Mathematikprofessor und bis August 2011 Cheftechnologe bei IBM. Seitdem lebt er im Unruhestand. Er arbeitet als Autor, Netzaktivist, Business Angel und Speaker und widmet sich weiterhin unverdrossen der Weltverbesserung.
Leseprobe
1
Das Wesen der Schwarmdummheit
Als Team spinnen wir!
Sie wissen es ja selbst: Wir leiden unter zunehmender Komplexität unserer Arbeit. Man hat uns angewöhnt, dieses bestimmte Wort dafür zu verwenden: die "Komplexität". Aber wir stöhnen eigentlich unter einer selbst verursachten Kompliziertheit. Wir ächzen unter höherer Arbeitsdichte und dem Dauerbefehl von oben, ständig den Gewinn zu steigern. Wir agieren immer kurzfristiger, fühlen uns vom Tagesgeschäft aufgefressen und haben weder Zeit noch die innere Kraft, nachhaltig eine gute Zukunft in die Wege zu leiten. Zwischendurch kommt es von außen oder anderen Unternehmensbereichen viel zu oft zu abrupten Veränderungen, an die wir uns defätistisch und gezwungen loyal mehr schlecht als recht anpassen. Die Arbeit macht immer weniger Freude, sie ist fremdbestimmter denn je.
Moment - stimmt es denn wirklich, dass die Arbeit keine Freude mehr macht? Hmmh. Sie macht keine Freude? - Doch! Sie macht noch Freude. Ja, sie macht Spaß. Aber das ärgerliche Drumherum wird immer schlimmer. Wir dürfen jedes Jahr weniger selbst entscheiden, müssen in Meetings unsere Arbeitsleistungen rechtfertigen, fast wie vor einem Gericht, und auch zwischendurch immer wieder auf drängende Fragen der Art "Wie weit sind Sie?" oder "Wo stehen wir?" antworten. Jeder Arbeitsschritt soll dokumentiert werden, offenbar, damit man uns später noch juristisch belangen kann, wenn sich ein Fehler herausstellt. Alles wird notiert und abgezeichnet, was oft länger als die eigentliche Arbeit dauert. Wird uns damit nicht latent kriminelle Energie unterstellt? In den vielen Meetings, die ständig an Zahl und Dauer zunehmen, reden wir kaum mehr über unsere Arbeit selbst, wir koordinieren nur noch genervt, wer bis wann was zu erledigen hat. Das ist so zeitintensiv, dass wir vor lauter Meetings kaum noch zur Arbeit selbst kommen, die wir folglich nur noch unter Zwang zu den vorher bestimmten Deadlines abliefern. Das viele Drumherum um unsere Arbeit erzeugt Stress, und bald müssen wir auch unsere geliebte Arbeit unter Stress ausführen, weil wir in Zeitnot kommen.
Es fühlt sich so unsinnig an, in langatmigen Meetings herumzusitzen, wenn gleichzeitig unsere eigentliche Arbeit schon in Verzug geraten ist. Warum beredet der Manager seit einer Viertelstunde etwas mit meinem Kollegen, was mich selbst nicht betrifft? Könnte ich da nicht an meinen konkreten Aufgaben weiterarbeiten? Ich sitze wie auf glühenden Kohlen und fühle, dass mir wertvolle Lebenszeit gestohlen wird - ja genau, wertlos vertan. Jetzt verlangt der Chef noch höhere Leistungen. Wir sollen die Taktfrequenz steigern, sagt er - und bezieht sich dabei auf die Metapher des Ruderns. Wir sollen schneller rudern, er ist unser Metronom, der kleine Steuermann, der nicht selbst rudert. Keine Zeit mehr. Unsere Zusammenarbeit ist in der letzten Zeit schlechter geworden, weil jetzt mehr und mehr Leute zu ihren Deadlines nicht mit ihren Teilaufgaben fertig werden. Dadurch verzögern sich die Arbeiten der Tüchtigen ebenfalls und wir müssen ständig die Gesamtpläne revidieren. "Alles ist voneinander abhängig geworden", sagt der Chef und tut so, als sei das "gottgegeben immer so", wo doch offensichtlich nur Zeitspielräume fehlen, in denen man Fehler berichtigen oder Rückstände aufholen kann.
Es nervt so sehr. Wir haben keine Zeit mehr, nicht geschaffte Arbeit nachzuholen, weil wir ohnehin zu viel arbeiten. Wir können solchen Kollegen, die im Strudel versinken, nicht helfen, weil wir selbst ständig unter Wasser sind. Fehler, die ja immer einmal vorkommen, können nicht mehr stillschweigend in Ordnung gebracht werden - keine Zeit! Wegen jeder kleinen Panne gerät das Ganze in Unordnung. Wir haben begonnen, im Chaos zu leben.
Wir wollen das nicht. Wir wollen wieder friedlich unsere Arbeit erledigen und zufrieden zu unserer Familie zurückkehren. Es ist aber nicht mehr friedlich. Wenn Kollegen ihre Arbeit nicht schaffen und damit die der anderen gefährden, nehmen wir das zunehmend übel. Nicht den Kollegen - na ja, eigentlich doch. Unsere aufgestaute Aggression muss ja irgendwo hin. Seit einigen Jahren werden in den Meetings ständig mehr Schulddiskussionen geführt. Das verschwendet noch mehr Zeit und vergiftet die Stimmung für die Zusammenarbeit. Wenn wir dann nämlich nach dem Streit zusammenarbeiten, ist uns im Herzen gar nicht mehr so danach.
Unsere Teamarbeit klappt nicht, sagt der Chef. Wir sollen ein zusammengeschweißtes Team bilden, fordert er. Aber wir lösen im Team doch nur die Probleme, die durch Pannen und Verzögerungen entstehen, die wir in der Eile nicht einfach so beseitigen konnten. Das hat nichts mit wirklicher Zusammenarbeit zu tun! Das Ganze ist zu kompliziert geworden. Das ist es. Wir kommen uns manchmal schon dumm vor.
Früher war das Arbeiten einfacher. Meistens klappte alles. Heute gibt es oft Gezanke, die Nerven liegen blank. Wir wollen nicht für die Fehler anderer beschuldigt werden. Jeder Fehler, der uns zugerechnet wird, beeinflusst unser Gehalt, unseren Bonus und die nächste Beförderung. Alles hängt auf unselige Weise mit allem anderen zusammen. Unsere Koordination ist unnatürlich geworden.
Lange schon hat uns das Management beschwichtigen wollen, dass nun mal die Komplexität der Arbeitswelt zunähme - es entstünden ja überall neue globale Beziehungen und Wechselwirkungen, die es früher nicht gab. In der letzten Zeit ist aber unsere immer lauter werdende Verzweiflung in der Hierarchie nach oben gestiegen. Unsere Chefs sind ebenfalls mutloser geworden. Da jedoch Chefs nicht mutlos sein dürfen, müssen sie ständig behaupten, gut aufgestellt zu sein und ihre Ziele locker schaffen zu können. Sie haben weltweit einheitlich vereinbart, auftauchende Probleme einfach zu verleugnen, indem sie von Herausforderungen sprechen. Wir dachten schon früher manchmal, unsere Chefs spinnen, wenn sie ihren seltsam unpassenden Optimismus versprühten. Aber sie müssen das tun! Sie können nicht einfach wie wir am Kaffeeautomaten meckern. Sie dürfen es nicht herauslassen. Unsere Chefs sind intelligente Menschen, aber auch sie versinken jetzt im Chaos. Und da sie das leugnen müssen, wirken sie, als würden sie spinnen.
Jeder Einzelne von uns ist für die konkrete eigene Arbeit intelligent genug. Aber die Arbeit der Einzelnen passt nicht mehr zusammen. Wir Kollegen passen nicht mehr zusammen. Ich versuche es mal so auf den Punkt zu bringen: Als Einzelne sind wir klug und stark, aber als Team spinnen wir. Wir agieren als Unternehmen, als Team, als Gremium oder als Partei gemeinschaftlich so, wie wir es einzeln als Mensch ohne Fesseln und Zwänge nie täten. Wir sind aktiver Teil eines Ganzen, das gegen all das handelt, was unsere persönliche Intelligenz und unser eigenes Herz uns raten. Die Summe aller unserer Fähigkeiten ist größer als das, was wir zusammen leisten. Unsere Bosse klagen gebetsmühlenartig immer wieder: "Ach, wenn wir es einmal schaffen würden, unsere volle Energie auf die Straße zu bringen, dann wären wir unbesiegbar." Damit ist gesagt und festgestellt, dass wir in Unternehmen und Institutionen weit unter unseren gefühlten Möglichkeiten bleiben und darüber bei klarer Sicht (beim Bier am Abend) fast ins Verzweifeln kommen. Die Kompliziertheit stranguliert uns. Das Ganze ist dümmer als die Summe der Intelligenz der Einzelnen.
Es soll einfach sein - aber genial einfach, nicht dumm einfach!
Das alles muss doch einfacher gehen! Wieso können wir Marsfähren bauen, aber nicht smart zusammenarbeiten? Warum bezeichnen die da oben neuerdings sogar die von ihnen selbst gesteckten Ziele als Herausforderungen? Warum sagen sie, die Teamarbeit stelle uns vor Herausforderungen? Sehen sie schon voraus, dass wir uns zanken? Sind die Probleme schon vor aller Arbeit an den Zielen mutwillig eingebaut? Ist bald alles eine einzige Herausforderung?
Dieses Buch behandelt die selbst verschuldete Kompliziertheit unseres Lebens. Es deckt die Ursachen auf, warum es so weit gekommen ist. Es endet mit einem Appell, auf die einfache Seite zu wechseln. Nicht auf die "simple" Seite, sondern auf die "smarte". Das sagt Ihnen Ihr Chef sicherlich auch: "Work smarter, not harder", aber das können Sie nur für sich selbst bei Ihrer ureigenen Arbeit tun. Damit Teams smarter agieren, muss sich viel ändern. Sehr viel. Einfach deshalb, weil wir schon lange in eine falsche Richtung gegangen sind und schon vieles unsinnig geregelt haben. Ich will Ihnen das Spiegelbild Ihres überkomplizierten Arbeitslebens vorhalten und zeigen, dass es auf unklugen bis hin zu glatt falschen und sogar kreuzdummen Grundlagen errichtet ist.
Bei den Vorarbeiten für dieses Buch habe ich natürlich zur Inspiration viele Stunden gegoogelt. Dabei habe ich auf der Webseite von Olivia Mitchell eine Grafik gefunden, bei deren Betrachtung ich so etwas wie einen spontanen Lichtblitz hatte, sofort alle Arbeit ruhen ließ und lange nachdachte (wärmstens empfohlen: http://www.speakingaboutpresenting.com/). Danach habe ich dieses Buch neu organisiert, indem ich diesem Anschauungsbild von Mitchell gefolgt bin. Meine Abwandlung sehen Sie in der "Einfachheitskurve Nr. 1".
Olivia Mitchell erläutert dazu auf ihrer Seite die große Kunst, gute Präsentationen zu halten. Alles Wissen, das ein Fachmann hat, ergibt zusammen ein hochkomplexes Geflecht von Wissen und Wechselwirkungen, das man dem Zuhörer lieber nicht zumuten sollte. Es gibt zwei Möglichkeiten der Abhilfe: Zunächst kann man das Komplexe brutal simplifizieren (auf Englisch dumbdown, wie "trivialisieren" oder "im Niveau herunterschrauben" beziehungsweise "verdummen"). Auf der anderen Seite kann man versuchen, das Komplexe durch paradigmatische Beispiele und Vorstellungsbilder so "genial einfach" darzustellen, dass es für jedermann unmittelbar eingängig ist. In beiden Fällen ist das Komplexe für den Zuhörer vereinfacht worden. Der Redner hat die Wahl: Entweder er vereinfacht alles bis zur Niveaulosigkeit - das geht relativ leicht. Kritische schwierige Argumente werden durch Floskeln ersetzt. Zum Beispiel "Wir sind damit jetzt gut aufgestellt" für Manager oder "Wir werden stets nachhaltig agieren" für Politiker. Damit ist eine Pflichtübung einigermaßen überstanden. Oder aber der Redner denkt sehr, sehr lange über Metaphern, Bilder, Vorstellungen, Visionen und sprechende Beispiele aus dem Erfahrungshorizont der Zuhörer nach, die das Wesentliche der komplexen Zusammenhänge auf den Punkt bringen und den Zuhörer inspirieren und engagieren. Wenn Sie eine Einzelperson sind, können Sie sich entscheiden - so oder so. Sie können versuchen, ohne viel Mühe heil aus der "Herausforderung" herauszukommen oder echte Wirksamkeit zu erzielen. Im letzteren Fall müssen Sie aber wirklich Hand anlegen. Denn Klarheit verlangt allerhärteste Arbeit - so sagen es uns alle großen Denker.
Wenn Sie aber als Team oder neudeutsch "Schwarm" die Aufgabe haben, in einer Stunde gemeinsam eine Präsentation für den Chef zusammenzubasteln? (Ich habe Erfahrung mit dem Management vieler Unternehmen - und ich kann Ihnen versichern: Manager sagen wirklich "basteln"!) Sie wissen sogleich, worauf es hinausläuft, wenn man "basteln" sagt. Die Manager hetzen im Tagesgeschäft hin und her, keiner will sich da wertvolle Zeit freischaufeln, um sich in aller Ruhe hinzusetzen und die Präsentation alleine fertigzustellen. Aber getan werden muss es. Die Runde schaut sich an. Wer soll jetzt arbeiten? Da fällt der Zaubersatz: "Wir sollten das in einem Meeting machen." Sie atmen auf. Keiner muss allein arbeiten, sie basteln gemeinsam. Es wird also eine Stunde Meeting anberaumt, da wird es geschehen! Als das Meeting beginnt, erscheint nur etwas mehr als die Hälfte der Manager. Die anderen haben leider ein "wichtiges Verkaufsgespräch" oder einen "entscheidenden Kundenbesuch", weshalb sie kritikbefreit fehlen dürfen. Die tatsächlich im Meeting Anwesenden aber sind wegen des Stresses allesamt unvorbereitet gekommen (sie kommen immer unvorbereitet in die Meetings) und stellen nun per Copy and Paste etwas aus älteren Präsentationen zusammen.
Was kommt heraus? Zusammenbasteln erbringt mehr oder weniger Stückwerk. Das Ergebnis wirkt nicht wie aus einem Guss, weil alle noch ihre eigene Meinung einbauen wollen. "Jeder gibt seine 2 Cent", sagt man in den USA. Es ist ein solides Stück von Patchwork, wie es der Chef als Grundlage nehmen kann. Er kann ja noch einen Grafiker über die Folien jagen, dann hebt das edle Design den dürftigen Inhalt auf akzeptables Niveau. Der Assistent vom Chef soll auch noch einmal kurz drüberschauen! Puh - geschafft! Schnell zum nächsten Meeting!
Es war keine Zeit, eine wirklich durchdachte "smarte" Präsentation zu erstellen. Man ist in der Grafik nach links in Richtung Dumm einfach gegangen und hat das Hochkomplexe normal vergröbert dargestellt. Für eine Präsentation ist es jetzt okay, so sagen sich alle zum Ende des Meetings, oder in anderen Formulierungen: "Das muss es jetzt tun. Good enough. Das muss so gehen. Es geht gerade nicht besser. Das muss reichen. Wir schauen einmal, ob der Chef zufrieden ist. Er kann dann ja sagen, ob wir noch ein Meeting brauchen."
Ein Meeting ist etwas anderes als eine Arbeit einer einzigen Person. Als Einzelner können Sie autonom zwischen der DummeinfachRichtung oder dem Versuch zum genial Einfachen entscheiden. Im Meeting aber bekommt das genial Einfache fast nie eine Chance. Diesen Effekt, dass im Meeting unter Arbeitsdruck das Simple gegen das Exzellente gewinnt, möchte ich in diesem Buch unter dem Begriff der Schwarmdummheit thematisieren. Ich möchte den Ursachen auf den Grund gehen, warum man zwar rasend schnell und überstundenlang arbeitet, aber dann doch nur an Symptomen kuriert, wirkliche Lösungen verschleppt und verschiebt und im Endergebnis "energieineffizient arbeitet". Warum arbeitet man nicht einfach nur normal gut? Warum wird alles oft so kompliziert, wo man doch so wenig Zeit hat? Warum so lange und unergiebige Meetings? Warum basteln viele hoch bezahlte Manager eine geschlagene Stunde an etwas Durchschnittlichem herum? Warum wirkt das
Stückwerk so lieblos hingehauen?
Für eine wirklich befriedigende Antwort auf solche Fragen will ich dazu das Vorstellungsbild von dumm einfach versus genial einfach noch etwas verfeinern. Schauen Sie sich die Einfachheitskurve Nr. 2 an, In der Praxis ist die Gegenüberstellung vom Simplen zum Genialen nicht gar so polar - obwohl die Metapher der ersten Grafik als Vorstellungsbild schon sehr mächtig ist.
Diese zweite Darstellung kennt Zwischentöne. Denken Sie an ein neues Produkt, das nicht leicht herzustellen ist. Stellen Sie sich fünf Stufen der Entwicklung des Produktes vor:
Die erste Version des Produktes ist noch primitiv und kann nur für wenige Zwecke verwendet werden. Das Produkt hat noch viele Kinderkrankheiten. Zusammengebastelt.
Die zweite Version des Produktes ist schon ganz gut, sie ist für vieles brauchbar, ist aber nun kompliziert zu bedienen (wie etwa die ersten Videorekorder) oder zu verstehen. Sie hat noch Fehler, zum Teil ärgerliche (denken Sie an die ersten PCs, wo wir "BetaTester" waren). Wegen der Kompliziertheit verzweifeln wir öfter, wenn etwas nicht geht. Dieses Produkt nervt oft. Man hat beim Design nicht an uns Anwender gedacht. Wir fühlen uns nicht liebevoll behandelt.
In einer dritten Stufe ist das Produkt nun hochkomplex ausgereift. Es kann alles, was denkbar ist, aber dazu muss man jetzt leider ein Experte sein. Die Masse der möglichen Anwender kommt damit nicht klar oder benutzt nur die Grundfunktionen. (Zum Beispiel kann man mit Adobe Photoshop überhaupt alles, aber viele schauen sich damit eben nur Bilder an. Microsoft Word kann auch alles, aber fast alle tippen nur blanken Text mit einer Überschrift.) Oft soll das Produkt nur einen bestimmten begrenzten Zweck erfüllen, und dafür ist die Einlernzeit absurd hoch.
Nach der höchstkomplexen Lösung, dem "AllinoneallFeaturesMonster" gibt es noch eine "smarte" Lösung. Sie hat einen Großteil der Funktionalität, ist aber für den Anwender einfach zu bedienen und für den Wartungsfachmann einfach zu reparieren. Diese Lösung hat Pfiff und ist sehr gescheit. Viele Leute kommen damit gut und vor allem sofort klar.
Das genial Einfache tut einfach genau das, was es soll. Es macht so ungefähr alle irgendwie glücklich.
Diese verschiedenen Attribute sind in einer dritten, nochmals erweiterten Grafik (Version 3) aufgezählt.
Ich habe schon gesagt: Das Kernthema dieses Buches, die Schwarmdummheit, kreist um die traurige Wahrheit, dass unsere Meetings und Teams sich meist auf der linken Seite der Grafik gefangen sehen. Mitarbeiter und Manager predigen natürlich, dass sie eine smarte Lösung oder gar eine geniale anstreben. Aber wenn sich der Schwarm zusammensetzt und etwas zusammenbastelt, dann kommt etwas zwischen lieblos einfach (funktioniert nicht gut) und komplexumständlich (funktioniert, verlangt aber zu viel Bedienaufwand) heraus.
Unser Alltag ist voll von Interessenkonflikten, Richtungskämpfen, Regelungswut, Berichtspflichten, Dokumentationspflichten, Qualitätskontrollen und Statusmeetings. Hat da jemand noch Zeit, Muße und Liebe zum Kunden, etwas Smartes zu entwerfen? Wenn es so jemanden gäbe, würde der nicht im Meeting von den anderen niedergemäht, die jetzt sofort eine kurzknackige Lösung haben wollen? "Kurz und knackig!", das ist eine Lieblingswendung der Manager und Presseleute.
So, jetzt habe ich dieses Buch mit einem betrüblichen Grundton begonnen. Das muss sein. Neulich hat mir ein Zuhörer bei einer Rede einen Vorwurf gemacht und mich dabei indirekt doch etwas gelobt: Ich würde "surgical" reden, also "chirurgisch", sagte er fröstelnd. Ich denke, er meinte damit, dass ich Probleme erschreckend nüchtern ansehe und dann unnachsichtig löse. Ja, so möchte ich das.
Ich schimpfe nicht, ich empöre mich nicht. Ich schaue alles ohne Emotion an und zeige es Ihnen. Obwohl - manchmal habe ich doch Emotionen - wenn es so ganz und gar verzweifelt endet.
Jede Abteilung denkt anders - kein Teilblinder versteht das Gute
Was ist ein Elefant? Das Problem des Teilblinden in der Dichtung
Warum hören die Unternehmen nicht auf ihre Kunden, warum verstehen die Manager die Mitarbeiter nicht und umgekehrt? Warum hört keiner den anderen an? Sie alle verharren in Teilsichten auf das Ganze, sie können im Grunde nicht zusammenarbeiten, weil sie alle etwas anderes sehen. Wenn sie alle das große Ganze sehen könnten - dann wäre ein gemeinsames Vorgehen möglich, dann könnten sie gemeinsam das Smarte oder gar Geniale erschaffen. Dann wäre - so sagt man heute - eine Chance für Schwarmintelligenz gegeben.
So aber - ohne den Blick für das Ganze - streiten sie sich und bilden Schwarmdummheit aus. Das will ich jetzt an Metaphern und Beispielen erklären.
Ich beginne mit einem alten Gedicht des amerikanischen Poeten John Godfrey Saxe (1816-1887), der die alte indische Sage "Sechs Blinde und der Elefant" in sehr bekannte Verse gegossen hat.
Sechs Blinde stehen rund um einen Elefanten und fragen sich, worum es sich handelt. Sie sehen ja nichts. Der eine findet, es sei eine Wand, ein anderer meint, es sei eine Schlange, wieder ein anderer, es sei ein Speer Das Gedicht beginnt mit diesen Versen:
It was six men of Indostan
To learning much inclined,
Who went to see the Elephant
(Though all of them were blind),
That each by observation
Might satisfy his mind.
Es endet mit einer Moralstrophe:
So oft in theologic wars,
The disputants, I ween,
Rail on in utter ignorance
Of what each other mean,
And prate about an Elephant
Not one of them has seen!
In der Moralstrophe geht es dem Dichter um die Religionen. Die Theologen verschiedener Religionen sind wie Blinde, sagt er: Sie wissen jeder in seiner verschiedenen Sichtweise angeblich genau, wer Gott ist, aber keiner von ihnen hat ihn je gesehen. Sie spekulieren also alle in verschiedener Weise über ein Ganzes, das keiner von ihnen kennt.
Ich habe das Bild und das Gedicht oft in mahnenden Präsentationen bei IBM speziell und überall anderswo in großen Unternehmen verwendet. Ich habe dazu jeweils die Texte im Bild auf die Situation angepasst. Die Frage lautete (statt Elefant) zum Beispiel: "Was ist IBM?" und die verschiedenen Teilsichtigen antworten: "IBM ist Computerhersteller!" - "IBM ist Chipproduzent!" - "IBM ist SoftwareEntwickler!" - "IBM ist Servicegeber!" - "IBM ist Beratungshaus!" - "IBM ist Innovation und Forschung!" Und ich erklärte, dass sie allesamt eher nicht wüssten, was IBM als Ganzes sei und dass daraus das sogenannte Bereichsdenken entstehen würde. Einen vergleichbaren Sachstand habe ich in überhaupt allen Großunternehmen und sogar in kleineren in immer der gleichen Weise wiedergefunden. Die Manager und Mitarbeiter eines Teilbereichs kümmern sich nicht angemessen um die anderen Bereiche, die ihnen folglich fremd sind. Und im Endergebnis kennen sie das Ganze nicht. Appelle des obersten Managements, dass doch bitte alle Mitarbeiter für das Ganze wirken sollen, prallen ab. Es bleibt, wie es ist: Sie alle kennen das Ganze nicht gut genug. Sie sehen nur die Teile, und natürlich vor allem den eigenen Bereich. In jedem Unternehmen gibt es Bereiche wie die Personalabteilung, die Rechtsabteilung, die Einkaufsabteilung, die Produktion, die Entwicklung, den Verkauf und so weiter. Sie alle stehen wie Blinde um die ganze Firma herum und wissen nur, wie diese sich von ihrem eigenen Büro aus anfühlt. Können Sie fühlen, wie Leute zusammenarbeiten, die alles total verschieden verstehen und auffassen?
Natürlich gibt es in einem Unternehmen und in allen Bereichen immer vereinzelt Leute, die das Ganze übersehen und verstehen. Leider aber, das zeige ich hier im Buch, bekommen diese wenigen keine Mehrheit in den Meetings - denn dort herrscht eine antipathische Abteilungsdenke, die den idealen Nährboden für Schwarmdummheit bildet.
Teilblinde verstehen das Gute oder Exzellente nicht
Ich habe mit meinen Kindern öfter diskutiert, dass es viel weniger Arbeit macht, wenn man in der Schule einfach ganz gut ist. Man muss nicht hervorragend sein, das könnte in viel Arbeit ausarten, aber das Gute (Note zwei plus in Deutschland) ist aufwandsminimal. Ja, das ist es! Mit etwas Disziplin passt man in der Schule auf und ist darauf bedacht, den Stoff im Ganzen zu verstehen - ich meine wirklich verstehen, nicht auswendig können oder behalten oder gelernt haben. Dann ist es einfach, gleich nach der Schule die Hausaufgaben zu erledigen, weil man das Prinzip des Ganzen verstanden hat. Gleich danach kann das Schulkind wieder Kind sein und spielen gehen oder auf dem Smartphone daddeln. Keiner meckert, denn das Kind ist ja gut! Die Eltern sind zufrieden, die Lehrer auch, da dürfen die Kinder am Abend länger aufbleiben oder weggehen, die Welt ist schön!
Wenn aber ein Kind gegen ein "Mangelhaft" kämpft und sich um das Ausreichendsein bemühen muss, weil es immer nur einen Teil des Ganzen kennt, ist das Leben sehr aufregend. Die Eltern schimpfen, die Lehrer auch, Zeit und psychische Energie werden dafür verbraucht. Es gibt Nachhilfestunden, die Zeit und Geld kosten - bei weiterem Misserfolg hagelt es immer größere Vorwürfe. Das Kind bekommt kein Extrageld, es darf nicht am Abend weg, das Hantieren mit dem Smartphone wird als Grund allen Übels erkannt. Man nimmt es ihm weg. Kein schönes Leben!
Warum operieren Firmen so oft im Modus "ausreichend"? Zwischen dumb down und good enough? Sie verfehlen ihre Ziele und bekommen deshalb "Nachhilfe von oben", es hagelt Reviews und Statusprüfungen, niemand ist zufrieden. Wenn aber doch normal gutes Arbeiten viel leichter ist - warum machen es die Mitarbeiter nicht so?
Meine Erfahrung: Schlechte Schüler und mittelmäßige Mitarbeiter verstehen nicht, was richtig gute Arbeit ist. Sie lernen ganz mechanisch Englischvokabeln, anstatt sich verstehend der englischen Sprache zu nähern. Sie wenden Formeln und Rezepte an, anstatt zu verstehen. Sie behandeln Kunden, wie man sie nach Rezept behandeln soll - sie verstehen aber den Kunden nicht. Sie arbeiten immer nach Instruktion, aber nicht selbstständig. Da sie nicht verstanden haben, was gute Arbeit ist, wollen sie immer SchrittfürSchrittAnweisungen haben. Sie verstehen das Ganze nicht, so, wie die Blinden rund um den Elefanten nur immer den Teil erkennen, den sie gerade berühren. Sie nehmen einzelne Teile des Ganzen wahr und können sie nicht zusammenfügen. Sie können nicht nachhaltig für eine längerfristige Zukunft arbeiten, weil es nur für diese Woche konkrete Instruktionen gibt.
Das hat nichts mit Intelligenz zu tun - bitte kommen Sie mir nicht mit Ausreden dieser Art. Es ist doch so: Wenn sich Kinder egal welcher Intelligenz für irgendetwas interessieren, dann verstehen sie es ja fast mühelos! Und sie können Enormes leisten. Leider interessiert es die Lehrpläne und viele Lehrer nicht, ob der Stoff die Kinder interessiert. Deshalb sind dann Lehrpläne und Lehrer nur ausreichend. Leider interessiert es Manager nicht, ob die Arbeit die Mitarbeiter beseelt und im Flow arbeiten lässt, sie wollen nur die Zielerreichung. In einem solchen von Desinteresse oder Missmut geprägten Klima verstehen die Mitarbeiter inhaltlich das Ganze oder das Prinzip nicht, worauf es ankommt. Sie sollen nur quantitativ ihre Zahlen machen, aber das schaffen sie nicht, weil sie nicht wissen, was gute Arbeit bedeutet. "Liebe deine Arbeit, und sie wird gut." Wer seine Arbeit nicht liebt, erzielt eben Ergebnisse, die irgendwie durchgehen und auf jeden Fall lieblos sind - nicht smart!
(Ich habe jetzt - neudeutsch - "Lehrerbashing" oder "Managerbashing" betrieben, diese Gruppen also "gedisst". Aber ich habe nur den Schwarm als Ganzen gebasht, nicht jedes Mitglied des Schwarms. Dieses Buch handelt immer vom Schwarm. Wenn Sie also ein guter Lehrer oder guter Manager sind, sage ich nichts gegen Sie. Ich kläre Sie nur auf, in welcher Gesellschaft Sie sich befinden, nämlich in einem zu stark beschleunigten Schwarm, der teilblind das Ganze nicht mehr sieht. Und der benimmt sich insgesamt so, dass man ihn bashen muss.)
Teilblinde im Meeting - am Beispiel der Weihnachtsfeierplanung
Ich versetze Sie einmal in solch ein typisches menschliches Chaos, in dem nur Einzelne wissen, was getan werden soll. Die meisten sehen ihre Abteilungsinteressen und verstehen keinesfalls, was im Ganzen herauskommen sollte. Hören Sie in ein desaströses Meeting hinein und fühlen Sie die entsetzliche Schwarmdummheit:
"In diesem Meeting wollen wir die Weihnachtsfeiergestaltung beschließen. Die Feier soll wunderschön sein, ist ja klar. Wissen wir. Aber jetzt wollen wir einen zusätzlichen Nutzen hineinbringen, allein nur Weihnachten muss ja nicht sein: Wir wollen dieses Jahr die Weihnachtsfeier gleichzeitig dazu verwenden, die besten Mitarbeiter des Jahres einzuladen, die der Chef dabei ehrt. Wir könnten die Ehrung auch separat stattfinden lassen, aber das kostet zu viel Zeit. Außerdem müssten wir die Ehrungsfeier extra planen, dazu haben wir keine Lust und keine Zeit, wir hängen uns einfach an die Weihnachtsfeier dran. Wir machen es in einem Abwasch.
Die Feier soll möglichst spät vor Weihnachten stattfinden, zu diesem Zeitpunkt sollte schon feststehen, ob unser Chef wegbefördert wird oder nicht, und er kann bei einer Beförderung wahrscheinlich noch absagen und einen Vertreter für die Ehrung schicken."
"Okay, wie gestalten wir jetzt die Weihnachtsfeier?"
"Gibt es Kriterien, nach denen man die besten Mitarbeiter für eine Ehrung auswählt?"
"Stopp! Stopp! Es geht zuerst um die Weihnachtsfeier.
Hilfe! Erst gestalten wir die Weihnachtsfeier, bitte - und dann macht die Ehrung irgendwo dazwischen. Lenkt nicht ab!"
"Wir müssen doch aber erst wissen, wie viele geehrt werden und echt auch, welche genau. Das ist viel schwieriger als so eine Mistweihnachtsfeier. Kauft einfach wieder Glühwein und Kekse! Aber wie entscheiden wir über die Besten? Ich denke, wir können das hier selbst bestimmen. In der Regel sind diejenigen Mitarbeiter am besten, die am meisten verdienen, sonst wären ja die Gehälter ungerecht. Wir dürfen aber nicht streng nach der Gehaltshöhenreihenfolge einladen, weil die geheim ist."
"Genau, macht bloß keinen Unsinn! Hier wird so ungerecht bezahlt wie nirgendwo. Wenigstens bei der Feier muss alles gerecht sein. Ist denn gesichert, dass mindestens so viele Frauen dabei sind, wie sie prozentual unter den Mitarbeitern vertreten sind?"
"Stimmt, es sollte auch ein Proporz über alle Firmenbereiche eingehalten werden. Das können wir jetzt nicht beschließen, weil nicht von allen Abteilungen ein Vertreter hier im Meeting anwesend ist."
"Hallo, mal Ruhe hier. Ich habe meinen eigenen Bereichsleiter hier am Handy. Ich briefe ihn gerade, was wir hier machen. Er wundert sich sehr, dass wir eine Weihnachtsfeier ohne ihn beraten. Er ist irritiert, sagt er. Was, Chef? Aha. Er sagt, er will keinen seiner Mitarbeiter für das Meeting der Besten mit dem Chef nominieren, weil ihm diese dann bei den Projekten fehlen und er folglich seine Ziele nicht erreicht. Er will doch befördert. Ach nein, das ist nicht sein Punkt, sagt er gerade. Es geht ihm vor allem um die Firma. Er kann aber nicht gut arbeiten, wenn er nicht über Meetings informiert ist. Er wird unsere Beschlüsse ignorieren, damit wir es lernen, ihn einzubeziehen. Hallo, Chef? Aufgelegt."
"Hey, Leute, ich möchte auch etwas sagen. In eigener Sache. Ich bin einer der Besten, die für eine Ehrung in Frage kommen, ja, und ehrlich gesagt, ich möchte ausdrücklich nicht nominiert werden. Mir fehlen dann die Arbeitsstunden und ich fürchte, ich schaffe meine Ziele nicht."
"Wir könnten das Meeting gleich nach dem Quartalsschluss machen, da hat jeder Zeit, das Versäumte im nächsten Quartal nachzuholen."
"Hilfe! Hilfe! Es ist eine Weihnachtsfeier wie immer, da kommen doch alle, und zwar ganz sicher noch in diesem Jahr!"
"Haha, habt ihr gehört? Zur Weihnachtsfeier kommen alle! Dass ich nicht lache! Leistungsträger haben absolut keine Zeit für Weihnachtsfeiern. Da kommen doch nur die Low Performer hin und essen Gratiskekse. Die Low Perfomer haben natürlich allesamt vor Weihnachten Zeit, Glühwein zu saufen, aber die Besten haben Jahresendstress, da sollte die Weihnachtsfeier im nächsten Jahr nachgeholt werden dürfen."
"Spinnt ihr denn vollkommen? Weihnachten nachholen? Hey, es ist eine Weihnachtsfeier. Wenn euch das nicht passt, haut doch mit eurer verdammten Ehrung ab und lasst uns Low Performer allein Weihnachten feiern. Ehrt euch gefälligst sonstwann."
"Dann müssen wir aber extra Gelder auftreiben, um Glühwein und Kekse für die Ehrung zu beantragen; wenn wir das in einem Abwasch machen, sparen wir das Geld weitgehend, weil der Betriebsrat dieses Jahr den Glühwein kaufen will."
"Jetzt wird es aber ganz turbulent! Was ist wichtiger - die Weihnachtsfeier oder die Ehrung?"
"Natürlich die Ehrung und ich möchte das bitte zu Ende diskutieren und die Grundsatzfrage stellen: Ist es überhaupt sinnvoll, gerade die Besten zu ehren? Das gibt immer einen großen ökonomischen Schaden, wenn ausgerechnet die Besten einen Arbeitstag wegen der Ehrung verlieren."
"Stimmt, wir könnten junge Nachwuchskräfte ehren, das ist billiger. Wir wählen das Motto: Hier ist die Zukunft. Oder wir ehren welche, die zu unserer Fernsehwerbung passen." "Haben wir denn Kriterien, wer jung ist und zur Werbung passt? Der Betriebsrat will immer explizite Kriterien, damit es gerecht aussieht."
"Kommen wir eigentlich hier im Meeting weiter?" "Bitte hetzen Sie nicht schon wieder. Sie sehen doch, es ist leider komplizierter, als wir dachten, eine Weihnachtsfeier ist nicht so easy, deshalb haben wir auch nur zwanzig Leute zu dem heutigen Meeting hier eingeladen. Ich fürchte, wir müssen uns im größeren Kreis treffen und Unterkommissionen für gerechte Kriterien bilden und die Kosten für verschiedene Ehrungsmöglichkeiten abschätzen. Das Ziel muss es sein, eine ganz einfache Lösung zu finden. Okay?
Wir stimmen kurz über diesen einfachen Plan ab. Wer ist für Vertagung und ein neues Treffen in großem Kreis? Hand hoch! Aha, einstimmig. Noch Fragen? Sie da? Bitte schnell und kurz!"
"Hält uns ein großes Meeting denn nicht auch kostenträchtig von der Arbeit ab? Meeten denn hier nicht bald mehr Leute, als dann Weihnachten feiern?"
"Hören Sie mal, das hier IST unsere Arbeit! Es ist Mitarbeiterführung. Deshalb verdienen wir doch auch mehr."
Solche Meetings sind nicht genial einfach, nicht einmal lieblos einfach, sondern dumm kompliziert. Sie verheddern sich in Regeln und Formen, ein wunderschönes Ergebnis steht gar nicht im Vordergrund. Kaum einer im Meeting setzt sich für das Ganze ein, kaum einer weiß eigentlich, was man will. Die Organisation der Feier wird mit allen möglichen Sonderwünschen verschiedener Abteilungen überfrachtet; Einzelfragen ("Wer muss was bis wann tun? Wer bezahlt? Wem nutzt es?") sind viel wichtiger als das Ergebnis. Ist es denn so schwierig, eine Weihnachtsfeier zu organisieren? Das ginge genial einfach, wenn man sich einfach auf die Freude darauf konzentrieren würde. Doch allein das geht in unserem Beispiel schon nicht, weil das Betriebsklima so schlecht ist, dass sich die Mitarbeiter gar nicht gerne gemeinsam treffen. Am Ende wird der Streit beziehungsweise das Theater immer schlimmer, Weihnachten rückt näher und unter Zeitnot wird beschlossen, die Weihnachtsfeier ausfallen zu lassen und den besten Mitarbeitern jeweils eine Glückwunschkarte zu schicken. Das ist am Ende dumm einfach oder entsetzlich simpel.
Inhalt
Inhalt
1 Das Wesen der Schwarmdummheit 7
2 Es ist unmöglich, aber wir strengen uns maximal an 39
3 Unter Druck werden wir zu einer Herde opportunistischer Street Smarts 89
4 Das Dauertagesgeschäft verliert den Sinn für First Class 131
5 Gnadenlos vereinfachender Fokus auf das Nächstliegende 155
6 Statistiknieten suchen nach der simplen Nächstliegende 173
7 Wie die Verantwortlichen tricksen, mogeln und ihre Fehler anderen ankreiden - sie gestalten ihre Zahlen 211
8 Wir erlauben nichts außerhalb der etablierten Methodik 241
9 Wir heizen das Thermometer, damit der Chef weiß, dass es draußen warm ist 257
10 Wir kommunizieren wie beim Turmbau zu Babel 273
11 Die Schwarmdummheit aller macht uns Einzelne verrückt 289
12 (Wie) Können wir gemeinsam klüger werden? 305
Schlagzeile
Warum viele Köche den Brei verderben
Informationen zu E-Books
„E-Book“ steht für digitales Buch. Um diese Art von Büchern lesen zu können wird entweder eine spezielle Software für Computer, Tablets und Smartphones oder ein E-Book Reader benötigt. Da viele verschiedene Formate (Dateien) für E-Books existieren, gilt es dabei, einiges zu beachten.
Von uns werden digitale Bücher in drei Formaten ausgeliefert. Die Formate sind EPUB mit DRM (Digital Rights Management), EPUB ohne DRM und PDF. Bei den Formaten PDF und EPUB ohne DRM müssen Sie lediglich prüfen, ob Ihr E-Book Reader kompatibel ist. Wenn ein Format mit DRM genutzt wird, besteht zusätzlich die Notwendigkeit, dass Sie einen kostenlosen Adobe® Digital Editions Account besitzen. Wenn Sie ein E-Book, das Adobe® Digital Editions benötigt herunterladen, erhalten Sie eine ASCM-Datei, die zu Digital Editions hinzugefügt und mit Ihrem Account verknüpft werden muss. Einige E-Book Reader (zum Beispiel PocketBook Touch) unterstützen auch das direkte Eingeben der Login-Daten des Adobe Accounts – somit können diese ASCM-Dateien direkt auf das betreffende Gerät kopiert werden.
Da E-Books nur für eine begrenzte Zeit – in der Regel 6 Monate – herunterladbar sind, sollten Sie stets eine Sicherheitskopie auf einem Dauerspeicher (Festplatte, USB-Stick oder CD) vorsehen. Auch ist die Menge der Downloads auf maximal 5 begrenzt.