Beschreibung
Wieder ein heißer Sommer in Boston - und erneut schlägt ein perverser Serienkiller zu. Am Tatort findet Detective Jane Rizzoli den Arzt Richard Yeager mit durchgeschnittener Kehle vor. Von seiner Frau Gail fehlt jede Spur. Einzig ihr penibel gefaltetes Nachthemd weist Blutspuren auf. Die Ähnlichkeiten des Falles mit den Morden im Sommer zuvor sind unübersehbar, und in Jane werden die Erinnerungen an die grausigen Ereignisse wieder lebendig. Hat sich ein Nachahmungstäter die Verbrechen des "Chirurgen" Warren Hoyt zum Vorbild genommen? Treibt der Serienkiller noch aus der Zelle heraus sein Unwesen? Lässt er gar einen "Blutsbruder" jene Taten ausführen? - Während Rizzoli fieberhaft ermittelt, gelingt dem "Chirurgen" die Flucht aus dem Gefängnis, und die Lage spitzt sich dramatisch zu: Jane Rizzoli gerät nun selbst ins Visier von Hoyt und seinem Gesellen. Soll der Mord an ihr das Meisterstück des gelehrigen Schülers werden? "Äußerst spannend - ein hervorragender Thriller!" Publishers Weekly "Tess Gerritsen ist besser als Robin Cook und - ja wirklich! - Michael Crichton." Stephen King "Ein spannender Medizin-Thriller - für Mimosen ungeeignet." Der Spiegel (über "Die Chirurgin")
Autorenportrait
So gekonnt wie Tess Gerritsen vereint niemand erzählerische Raffinesse mit medizinischer Detailgenauigkeit und psychologischer Glaubwürdigkeit der Figuren. Bevor sie mit dem Schreiben begann, war die Autorin selbst erfolgreiche Ärztin. Wie schon mit ihrem Aufsehen erregenden Debüt "Kalte Herzen" eroberte sie auch mit ihren folgenden Thrillern die US-Bestsellerlisten im Sturm. Der große internationale Durchbruch gelang ihr mit "Die Chirurgin". Tess Gerritsen lebt mit ihrem Mann, dem Arzt Jacob Gerritsen, und ihren beiden Söhnen in Camden, Maine.
Leseprobe
Die Fliegen waren schon zur Stelle. Nach vier Stunden auf dem aufgeheizten Pflaster von South Boston war das zerschmetterte Fleisch regelrecht gar gekocht und strömte das chemische Äquivalent eines Essensglöckchens aus, was ganze Schwärme summender Insekten angelockt hatte. Obwohl das, was von dem Körper übrig geblieben war, inzwischen mit einem Tuch abgedeckt war, fanden die Aasfresser noch reichlich herumliegendes Gewebe, an dem sie sich gütlich tun konnten. Klümpchen grauer Gehirnmasse und andere, nicht identifizierbare Fragmente waren in einem Radius von zehn Metern über die Straße verstreut. Ein Schädelsplitter war in einem Blumenkasten im ersten Stock gelandet, und an den parkenden Autos klebten Fleischfetzen. Detective Jane Rizzoli hatte schon immer einen kräftigen Magen gehabt, aber selbst sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Mit zusammengekniffenen Augen und geballten Fäusten stand sie da, wütend auf sich selbst wegen dieses Moments der Schwäche. Nicht schlappmachen. Bloß nicht schlappmachen. Sie war die einzige Kriminalbeamtin in der Mordkommission des Boston Police Department, und sie wusste, dass die Scheinwerfer immer gnadenlos auf sie gerichtet waren. Jeder Fehler würde sofort von allen bemerkt, ebenso wie jeder Triumph. Ihr Kollege Barry Frost hatte zu seiner Schande bereits vor aller Augen sein Frühstück zurückgehen lassen. Jetzt saß er zusammengekrümmt im klimatisierten Einsatzfahrzeug und wartete darauf, dass sein Magen sich wieder beruhigte. Sie konnte es sich einfach nicht leisten, ebenfalls von Übelkeit überwältigt zu werden. Als einzige Polizeibeamtin am Tatort zog sie alle Blicke auf sich, und die Schaulustigen, die sich hinter dem Absperrband drängten, registrierten jede ihrer Bewegungen, jedes Detail ihrer äußeren Erscheinung. Sie wusste, dass man ihr ihre vierunddreißig Jahre nicht ansah, und sie war peinlich darauf bedacht, so viel Autorität wie möglich in ihr Auftreten zu legen. Was ihr an Körpergröße fehlte, versuchte sie mit ihrem durchdringenden Blick und ihrer straffen Haltung wettzumachen. Sie hatte die Kunst gelernt, eine Szene zu beherrschen, und sei es nur durch die schiere Intensität ihrer Ausstrahlung. Aber diese Hitze zehrte an ihrer Entschlossenheit. Sie war wie üblich in einem schlicht-eleganten Kostüm erschienen, die Haare sorgfältig gekämmt. Aber jetzt hatte sie den Blazer längst abgelegt, ihre Bluse war zerknittert, und die Luftfeuchtigkeit hatte ihre Haare zu widerspenstigen Locken gekräuselt. Sie fühlte sich von allen Seiten attackiert - von dem Gestank, den Fliegen, der brennenden Sonne. Sie musste sich auf zu vieles gleichzeitig konzentrieren. Und dann all diese Augen, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten. Laute Stimmen zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ein Mann mit Cityhemd und Krawatte versuchte einen Streifenbeamten zu beschwatzen, ihn vorbeizulassen. 'Hören Sie, ich muss zu einer Vertreterkonferenz, okay? Ich bin sowieso schon eine Stunde zu spät dran. Aber Sie wickeln zuerst mein Auto mit Ihrem verdammten Absperrband ein, und jetzt wollen Sie mir erzählen, dass ich nicht wegfahren darf? Das ist mein Wagen, zum Donnerwetter!' 'Es handelt sich hier um den Tatort eines Verbrechens, Sir.' 'Es war ein Unfall!' 'Das haben wir noch nicht geklärt.' 'Und Sie brauchen den ganzen Tag, um das rauszufinden? Warum hören Sie uns nicht einfach mal zu? Die ganze Straße hat doch mitgekriegt, wie es passiert ist.' Rizzoli trat auf den Mann zu, dessen Gesicht mit einer glänzenden Schweißschicht überzogen war. Es war halb zwölf; die Sonne stand schon fast im Zenit und brannte wie ein zornig starrendes Auge auf sie herab. 'Was genau haben Sie gehört, Sir?', fragte sie. Er schnaubte verächtlich. 'Dasselbe, was alle anderen auch gehört haben.''Einen lauten Knall.' 'Ja. Gegen halb acht. Ich kam gerade aus der Dusche. Ich hab aus dem Fenster geschaut, und da lag er, mitten auf dem Gehsteig. Sie sehen ja selbst, was für ...