Beschreibung
Wenn Hölderlin über ihre gottverlaßne Unnatur klagt und sie für zerrißen, dumpf und harmonielos hält, ist das ein Befund über die Deutschen, mit dem er nicht alleine war. Heine verspottet sie als die wahren Peter Schlemihle (die bekanntlich mit dem Teufel im Bund sind) und weiß nicht, was soll es bedeuten, als ihn die urdeutsche Sage von der Lorelei traurig stimmt. Der Philosoph Kant beurteilt sie anthropologisch als Spezialisten fürs Herrschen und Gehorchen und benennt ein Muster, das dann Fromm, Adorno, Horkheimer psychologisch vertiefen. Um die Deutsche Seele dreht sich ein Großteil der Literatur in diesem Land. Aber erst als aus Goethes Faust in den Vernichtungslagern der Nazis der Tod als Meister aus Deutschland (Celan) auftritt, wird klar, welche Brisanz der zerrißnen Seele innewohnt. Der Ruf nach Bewusstsein wurde Teil der sogenannten Aufarbeitung und damit die Frage: Wer oder was ist die Deutsche Seele? Worin wurzelt sie? Was bedingt sie? Was macht sie aus? Dieses Buch ordnet sich nicht nur in die Aufarbeitung von Geschehenem ein, sondern beschreibt deutsche Eigenschaften, wie sie uns im Alltag der Gegenwart begegnen, sei es in der Erziehung, im Beruf, in der Kunst, den Medien, der Freizeit usw. Es will wissen: Gibt es ihn noch, jenen spleen germanique, den Visconti in Romy Schneider verkörpert sah, wie sieht er aus, birgt er die alte Brisanz - oder hat er sich gewandelt?
Autorenportrait
Dr. Gerhard Oberlin arbeitet als freier Literatur-, Kultur- und Sportwissenschaftler mit Wohnsitz in Tübingen. Nach einer internationalen Laufbahn als Lehrer, Schulleiter und Fortbildner war er unter anderem Dozent für deutsche Sprache und Literatur an der Beijing Foreign Studies University und am Deutsch-Chinesischen Institut der University of Business and Economics, Beijing/China. Zuletzt Gastdozent an der Hebrew University in Jerusalem, der Malayalam University in Tirur/Kerala und am Pookoya Thangal Memorial Government College in Perinthalmanna/Malappuram/Kerala.