Beschreibung
Lateinamerikanische Demokratien gleichen einem Luxusliner: Die Gewinner können sich wie in einem Supermarkt bedienen, die große Mehrheit muss jedoch als Mannschaft das Schiff in Fahrt halten. Diese Aussage trifft der Politikwissenschaftler und Lateinamerikaexperte Detlef Nolte und beklagt damit den Mangel an Rechtstaatlichkeit und sozialer Gerechtigkeit in den Demokratien des südamerikanischen Kontinents. Die extreme soziale Polarisierung in Lateinamerika lässt daran Zweifel aufkommen, ob nachhaltige demokratische Verhältnisse etabliert werden können und in den Andenländern, besonders in Venezuela, Ecuador und Bolivien, sieht es weiterhin düster aus. Doch in der Vergangenheit haben junge lateinamerikanische Demokratien wie Chile und Uruguay besondere Entwicklungserfolge erzielt. Uruguay beispielsweise, lange die Folterkammer Südamerikas genannt, ist nach dem Ende der Militärdiktatur zum demokratischen Alltag zurückgekehrt und befindet sich seither im obersten Drittel der stabilsten Demokratien der Welt. Auch Chile konnte die autoritären Vermächtnisse der Diktatur unter Pinochet ablegen und bildet, gemeinsam mit Uruguay, das demokratischste Land des Kontinents. Auch Argentinien und Brasilien scheinen einen demokratischeren Weg eingeschlagen zu haben und lassen sich nach krisenreichen Zeiten wieder als relativ freie Demokratien einstufen. Doch welches institutionelle Gerüst haben die Demokratien gewählt? Lassen sie sich eher als Konsens- oder eher als Mehrheitsdemokratien klassifizieren? Wo liegen Parallelen, wo Unterschiede vor und welche gemeinsamen Entstehungsursachen lassen sich finden? Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Antworten auf diese Fragen zu finden. Arend Lijphart liefert zur Untersuchung der Demokratiemodelle die adäquateste methodische Grundlage. Den ersten Teil dieser Arbeit bildet eine Vorstellung von Lijpharts Demokratieuntersuchung und seiner Methodik. Darauf folgt die Begründung der Fallauswahl, die einen Demokratietest und die Ausprägung der lijphartschen Erklärungsvariablen in den vier Ländern beinhaltet. Die anschließende Operationalisierung von Lijpharts Methodik ist eine Mischform aus quantitativer und qualitativer Forschung. In weiten Bereichen wird nomothetisch mit Hilfe von Indizes die Ausprägung der Variablen bestimmt. Darüber hinaus wird aber auch detailliert auf äußere Rahmenbedingungen sowie interne und externe Einflussgrößen und Zusammenhänge eingegangen. Die Methodik zur Bestimmung einer jeden Variablen wird zu Beginn eines jeden Kapitels erklärt und dann an den einzelnen Ländern angewandt. Im Anschluss wird getestet, welche der lijphartschen Hypothesen sich für die demokratietheoretischen Modelle beider Ländern bestätigen lassen und welche nicht zutreffen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit und einer daraus abgeleiteten Handlungsempfehlung.
Autorenportrait
Lena Gilhaus wurde 1985 in Münster geboren. Nach einem erfolgreichen Bachelorstudium der Politikwissenschaften und Germanistik an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald studierte sie an der Rheinisch-Westfälischen-Wilhelms Universität in Bonn den Masterstudiengang "Deutsche, Europäische und Globale Politik". Während ihres Studiums arbeitete die Autorin als Praktikantin und freie Journalistin in Hörfunk-, Fernseh- und Printmedienanstalten in Deutschland und Ecuador. Persönliche Beziehungen mit Lateinamerikanern im deutschen Exil und Auslandsaufenthalte in Ecuador und Chile motivierten die Autorin dazu in der akademischen Ausbildung den Schwerpunkt auf die vergleichende Analyse lateinamerikanischer Demokratien zu legen. Daraus ging eine komparative Analyse fünf lateinamerikanischer Demokratien hervor, in der sie die demokratietheoretischen Modelle von Argentinien, Brasilien, Chile und Uruguay hinsichtlich ihrer eher mehrheitsdemokratischen oder eher konsensdemokratischen Ausprägung untersucht.