Beschreibung
Metaphysik scheint nicht zu retten - aber ohne Metaphysik ist ein Begriff wie Rettung gar nicht denkbar. Die alten Fragen nach Gott, Freiheit und Unsterblichkeit mögen zwar zu groß, zu abstrakt oder zu gutgläubig gestellt gewesen sein. Ein Denken, das sie achtlos links liegen lässt, versäumt jedoch, die eigenen Voraussetzungen zu reflektieren und über den eigenen Horizont hinauszublicken: Postmetaphysische Philosophie nimmt in Kauf, im schlechten Sinne naiv zu werden, eben weil sie sich, um die großen Fragen loszuwerden, auf das innerweltlich Vorfindbare und Evidente beschränkt, während die Fragen selbst nicht einfach verschwinden. In dieser Lage konstatiert die Gesellschaftskritik Theodor W. Adornos zwar den Sturz von Metaphysik, hält aber nichtsdestotrotz an einer prekären Solidarität mit ihr fest. Sie fordert eine Umwendung der klassischen prima philosophia zu einer ultima philosophia: "Nicht die Erste Philosophie ist an der Zeit, sondern eine letzte." Eine kritisch gewordene, negative Metaphysik könnte sich nicht mit der Frage nach ersten Anfängen und letzten Hintergründen begnügen, sondern müsste die Reflexion auf Geschichtliches in sich aufnehmen. Die Beiträge des Bandes, der Produkt eines Symposiums an der Humboldt-Universität zu Berlin im November 2017 ist, gehen verschiedenen Konsequenzen dieser Perspektive nach, von den Aporien einer materialistischen Metaphysik über das erfahrungsgeschichtliche Verschwinden von Metaphysik am Beispiel des zeitgenössischen Theaters bis zu der Frage nach den Gründen für die metaphysischen Bedürfnisse der neueren Zeit; von den erkenntnistheoretischen und ideengeschichtlichen Kontexten einer negativen Metaphysik bis zu ihrem eigenen historischen Index. Wie die großen Fragen verschwindet auch der Gedanke nicht, dass die Welt sich auch anders organisieren ließe: dass es anders kommen, sein und werden könnte und sollte.
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Autorenportrait
Julia Jopp studierte Philosophie, Soziologie, Politik und Kunstgeschichte in München und Frankfurt am Main. Ihre bisherigen Arbeiten gruppieren sich um erkenntniskritische Dimensionen der Kritischen Theorie und der damit in Frage stehenden Widersprüche zwischen Idealismus und Materialismus. Derzeit arbeitet sie an einer Monografie über die Unvermeidlichkeit des ontologischen Gottesbeweises in Theodor W. Adornos Negative Dialektik. Ansgar Martins studierte Religionsphilosophie, Soziologie und Geschichte in Frankfurt am Main. Seit 2016 arbeitet er an der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an einem Promotionsprojekt zur Philosophie Siegfried Kracauers. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Kritische Theorie, jüdische Religionsphilosophie, religiöse Modernisierung und die Geschichte der neuzeitlichen Esoterik. Im Neofelis Verlag ist er Mitherausgeber der Reihe Promesse - Kritische Studien zu Philosophie, Ästhetik, Geschichte und Religion. Hanna Zoe Trauer studierte Judaistik und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Sie ist seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sonderforschungsbereich "Episteme in Bewegung", war im Frühjahr und Sommer 2018 Fellow an der Hebrew University in Jerusalem und promoviert über Imagination in der mittelalterlichen arabischen und hebräischen Philosophie. Sie interessiert sich unter anderem für mittelalterliche jüdische Philosophie und Exegese, Wissensgeschichte und Kritische Theorie. Kathrin Witter promoviert am German Department der Princeton University über die kritische Theorie in der DDR. Zuvor studierte sie Kultur- und Literaturwissenschaften, Philosophie und Antisemitismusforschung in München und Berlin. Ihren Arbeitsschwerpunkt bildet die frühe Kritische Theorie, darüber hinaus gilt ihr Interesse dem deutschen Idealismus, der deutschen Klassik sowie der klassischen Moderne und dem Fortleben ihrer Gehalte.